Auswirkungen der Krise: Psychosomatische Erkrankungen nehmen zu

27.08.2003
Kündigungen und Konflikte am Arbeitsplatz hinterlassen ihre Spuren. Experten haben bereits ein neues Krankheitsbild identifiziert: "Posttraumatische Verbitterungsstörung" als Reaktion auf die Krise.

Hoch qualifizierte Mitarbeiter, die vor einigen Jahren noch gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hatten, müssen sich heute oft in die Schlange im Arbeitsamt einreihen. Mit der Rezession nehmen psychische Krankheiten zu, so die Einschätzung des Berliner Professors Michael Linden. Der Psychiater an der Charité spricht von einem neuen Krankheitsbild, einer posttraumatischen Verbitterungsstörung, der eine persönliche Kränkung zugrunde liegt.

Eine Studie des Mediziners ergab, dass 38 Prozent der Patienten die Symptome nach einer Kündigung entwickeln, 24 Prozent erkranken aufgrund von Konflikten am Arbeitsplatz, 14 Prozent nach dem Tod eines nahe stehenden Menschen und weitere 14 Prozent aufgrund von familiären Schwierigkeiten. Neben Depressionen und Phobien erleben die Betroffenen ein Gefühl der Hilflosigkeit, Selbstmordgedanken oder Aggressionen.

"Verbitterung ist schlimmer als Depression", erklärt Linden. Denn alle Versuche seitens der Erkrankten, zu vergessen, verschlimmern die Situation noch. Besonders gefährdet sind nach Einschätzung Lindens Menschen, die ihr Selbstwertgefühl fast ausschließlich aus dem Beruf schöpfen und ein strenges Normen- und Wertesystem haben.

Die Betroffenen empfinden die Lebensereignisse als ungerecht und verfügen über geringe Krankheitseinsicht, was eine Behandlung zusätzlich erschwert. Mit einem speziellen therapeutischen Ansatz bemüht sich der Professor, die Blockaden der Patienten zu lösen und die Chance auf einen Neuanfang zu ermöglichen. (iw)