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Microsoft-Aktie steigt

Ausverkauf: Investoren knöpfen sich Yahoo vor

05.05.2008
Nach der gescheiterten Milliardenübernahme durch Microsoft hat Yahoo ein Börsendebakel erlebt und massiven Streit mit Aktionären heraufbeschworen.

Der geplatzte Mega-Deal von Microsoft und Yahoo hat beide Unternehmen unter zusätzlichen Druck gesetzt. Der in die Kritik geratene Yahoo-Chef Jerry Yang sucht für weiteres Wachstum verzweifelt nach Bündnispartnern wie dem Suchmaschinen-Riesen Google. Unter Zugzwang ist aber auch Microsoft: Konzernchef Steve Ballmer will den Softwareriesen auch im Internet zur Nummer eins machen und braucht dafür nach seinem Misserfolg rasch vorzeigbare Ergebnisse. Statt Yahoo nimmt er laut Experten für Übernahmen nun das Internet-Portal AOL und kleinere Web-Firmen ins Visier.

Die Yahoo-Aktie brach am Montag zum US-Handelsstart um fast 20 Prozent auf knapp über 23 Dollar ein. Mehrere Banken senkten bereits ihre Einstufungen des Yahoo-Papiers. Die Microsoft-Aktie profitierte dagegen von der Absage des Geschäfts, das die bei weitem teuerste Übernahme der Konzerngeschichte gewesen wäre. Der Titel gewann gut 2,5 Prozent auf rund 30 Dollar.

Der Windows-Konzern hatte am Wochenende zuletzt 33 Dollar je Yahoo-Aktie geboten. Die Yahoo-Spitze verlangte aber laut Microsoft mindestens 37 Dollar oder insgesamt weit über 50 Milliarden Dollar (32,4 Milliarden Euro). Daraufhin zog Ballmer sein Angebot offiziell zurück. Mit dem Kauf wollte Microsoft die Dominanz des Rivalen Google bei Online-Suche und Internet-Werbung brechen. Google bleibt nun vorerst bei Suchanzeigen mit weitem Abstand Marktführer vor Yahoo! und Microsoft. Die Google-Aktie stieg um fast 2,5 Prozent auf über 595 Dollar.

Das Angebot hätte für Yahoo-Aktionäre einen Gewinn von mehr als 70 Prozent gegenüber dem Kurs vor der Offerte Ende Januar bedeutet. Großinvestoren äußerten bereits massive Verärgerung über die Yahoo-Führung. Eine Zustimmung wichtiger Anteilseigner zu einem Kaufpreis von etwa 35 Dollar wäre gut möglich gewesen, deutete der zweitgrößte Yahoo-Anteilseigner, der Vermögensverwalter Legg Mason, in einem Interview der "New York Times" an. Sollten die Proteste bis zur in den nächsten Monaten anstehenden Hauptversammlung vehement zunehmen, könnte Yahoo! am Ende laut Analysten doch noch zu einem Geschäft mit Microsoft gezwungen werden.

Bereits vor dem Platzen der Übernahme hatten Aktionäre die Yahoo-Führung wegen ihres Widerstands gegen den Kauf verklagt. Der erst im vergangenen Sommer in den Chefsessel zurückgekehrte Firmengründer Yang steht zudem wegen die Börse enttäuschender Ergebnisse unter Beschuss. Analysten halten auch die versprochenen künftigen Gewinne für unrealistisch. Yahoo strich zuletzt Stellen. Vor der Microsoft-Offerte war der Yahoo-Kurs binnen eines Jahres bereits um ein Drittel gefallen.

Seit gut zwei Wochen testet Yahoo eine Kooperation mit Google bei Suchanzeigen. Eine Vereinbarung könnte noch diese Woche vertragsreif sein und Yahoo Zusatzeinnahmen von rund einer Milliarde Dollar bringen, hieß es in US-Medien. Wettbewerbshüter könnten aber Bedenken anmelden, da die beiden etwa in den USA gemeinsam über 80 Prozent des Online-Werbemarktes beherrschen. Yahoo spricht den Berichten zufolge zudem weiter mit dem angeschlagenen Internet-Portal AOL aus dem Time-Warner-Konzern über eine Allianz.

Auch Microsoft könnte sich laut Spekulationen für AOL interessieren. In einem Interview räumte Ballmer kürzlich ein, dass nur wenige Internet-Firmen die nötige Größe hätten, um Microsofts Web-Geschäft mit einem Schlag den angestrebten großen Schub zu geben. Als mögliche kleinere Übernahmekandidaten gelten aber auch relativ junge und daher günstige Internet-Gesellschaften aus dem Web-2.0-Dunstkreis. Microsoft benötigt laut Analysten dringend neue Wachstumsfelder. Chancen liegen dabei weit mehr im Web als im bisherigen Microsoft-Kerngeschäft mit Software. Der Windows-Konzern verkündete selbst erst kürzlich einen radikalen Strategieschwenk und erklärte das Internet zum künftigen Mittelpunkt. (dpa/ajf)