Sinnvoll eingesetzt, reduzieren tragbare Computer die Kosten:

Außendienst bietet Rationalisierungsreserve

21.08.1987

Außendienstler darf man in ihrer Bewegungsfreiheit nicht beschneiden, und Unternehmenszentralen müssen möglichst schnell über die aktuelle Auftragslage informiert sein. Diese Anforderungen, meint Harald Kalbhenn*, können durch die Verbindung von tragbaren Computern ("Portables") mit Abteilungs- und Zentralrechnern erfüllt werden.

Wenn in diesem Beitrag von Außendienst gesprochen wird, so umfaßt dieser Begriff alle diejenigen Angehörigen eines Unternehmens, die zu irgendeinem Zweck oder aus irgendeinem Anlaß einen Kunden aufsuchen. Damit gehören auch Wartungstechniker, Kundenkontakter und Verkaufsfahrer in diese Kategorie, und es wird deutlich, daß es sehr viele Unternehmen sind, die nach dieser Definition mit einem "Außendienst" operieren. In einer Situation härter werdenden Wettbewerbs, steigender Kosten und sinkender Deckungsbeiträge tun die Unternehmen gut daran, sich beizeiten um eine Optimierung des Außendienstes zu kümmern.

In einer Hinsicht steht der Außendienst vor ganz derselben Aufgabe wie der Innendienst: Er muß die Aktualität der Information sicherstellen - der zu empfangenden wie der zu liefernden Information. Und sie muß korrekt sein. Der Außendienstler muß umgehend angeben können, ob und wann eine Lieferung erfolgen kann; seinem Unternehmen muß er umgehend mitteilen, wann wo welche Aufträge in welcher Höhe hereingeholt werden konnten - die Reihe der Beispiele ließe sich verlängern.

Wettbewerbswirksame neue Technik

Die Forderung nach aktuellen und präzisen Daten mag an sich verständlich erscheinen, doch die Realität in sehr vielen Unternehmen stellt sich anders dar: Es treten regelmäßig Fehler und Verzögerungen auf. Noch vor nicht allzu langer Zeit war ein solches Informationsdefizit durchaus erklärlich und "in Ordnung"; und da der Mitbewerb sich dem gleichen Problem gegenübersah, war es auch "wettbewerbsneutral". Doch inzwischen hat die Daten- und Informationstechnik in zahlreichen Unternehmen einen Reifegrad erreicht, der den Unternehmen mit überkommenen Außendienststrukturen ein kritisches Überdenken der Situation nahelegen sollte.

Wie äußert sich dieser technische Fortschritt? Wo früher Handzettel und Formulare, bestenfalls Telefongespräche und Fernschreiben zum Informationsaustausch zwischen Zentrale und Außendienst herangezogen wurden, kann heute Sofort-Information erfolgen - ohne leidige Übertragungsfehler. Diese neue Art der Information ist es, die in Marketing und Vertrieb ergebniswirksame Vorteile gewährleistet.

Die oben gemachte Aussage beruht nicht nur auf theoretischen Herleitungen, ausgehend von dem, was neuerdings technisch machbar ist. Sie ist auch durch konkrete Erfahrungen sowie durch objektive Erhebungen abgesichert. So hat das Marktforschungsunternehmen McGraw-Hill Research - angeregt durch eine allgemein zu beobachtende Wettbewerbsverschärfung aufgrund von Faktoren wie sich verringernden Produktunterschieden, gesättigten Märkten sowie zunehmend grenzüberschreitenden Märkten - in den USA eine diesbezügliche Untersuchung vorgenommen.

Reisen, Warten, Gespräche führen

Sie ergab, daß die durch einen Besuchstermin eines Außendienstlers ausgelösten durchschnittlichen Kosten in den letzten zehn Jahren um 200 Prozent gestiegen sind, mit in jüngster Zeit zunehmender Tendenz. Die Preissteigerungsrate für die Lebenshaltung belief sich demgegenüber auf 124 Prozent.

McGraw-Hill fand auch heraus daß die Außendienstmitarbeiter nur ein gutes Drittel ihrer Arbeitszeit tatsächlich mit Kundengesprächen verbringen. Kaum geringer ist ihr Aufwand für Reisen und - Warten. Selbst administrative Tätigkeiten und interne Besprechungen schlagen mit 24 Prozent der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit zu Buche.

Eines der Ergebnisse einer von Hewlett-Packard im eigenen Außendienst angestellten Untersuchung war, daß die Mitarbeiter mehr Effizienz bei der Kommunikation sowie bei der Informationsbeschaffung und -weiterleitung dringend wünschten. Grund: Nur so konnten sie erwarten, via eingeschränkter Reisezeiten, geringerem Verwaltungsaufwand und kompetenterer Kundenberatung zu höheren Umsätzen zu gelangen.

HP stattete in einem ersten Schritt 100 Verkäufer in drei amerikanischen Testregionen mit der entsprechenden Hard- und Software aus und registrierte

- 35 Prozent mehr Kundenkontakte

- 25 Prozent mehr Verkaufszeit und

- ein Gewinnplus von (umgerechnet auf das erste Jahr) 15 Millionen Dollar.

Informationsqualität schließt Kostenschere

Die Außendienstanalyse aus dem Blickwinkel der Ökonomie zeigt mithin: Die moderne Daten- und Informationstechnik hat das Potential, mittels dessen die Unternehmen die sich zusehends öffnende Schere zwischen den wachsenden Kosten des Verkaufens und den sinkenden Deckungsbeiträgen der Produkte wieder schließen können.

Das entscheidende Merkmal der Datentechnik, das den Unternehmen eine bislang nicht gekannte Qualität der Außendienstinformationen sichert, ist die Verknüpfbarkeit von Computern unterschiedlichster Größe (bis hinab zum tragbaren Computer) in Datennetzen selbst weltweiten Umfangs. HP beispielsweise hat sein Konzept auf den Namen "Sales & Service Productivity Network" (SSPN) getauft.

Zusätzlich zu den HP-Systemprodukten und zu der weltweit verbreiteten Third-Party-Software kommt bei SSPN als dritte wichtige Komponente hinzu, daß keine Außendienst-DV-Inseln geschaffen wurden. Statt dessen wurden integrierte Unterstützungssysteme für die gesamte Unternehmensorganisation implementiert. Typischerweise installiert ein SSPN-Anwender Superminicomputer der Reihe HP3000 als Abteilungs- beziehungsweise Geschäftsstellenrechner und stattet seine Außendienstler mit tragbaren Computern aus.

Mit Hilfe von Bürokommunikationssoftware können die Außendienstler sodann vor Ort die an sie gerichteten Mitteilungen oder Anweisungen abrufen; sie können Anfragen starten und der Zentrale oder den angeschlossenen Partnern Nachrichten zusenden. Die Verbindung zu den zentralen DV-

Ressourcen kommt zustande, wenn der Außendienstler von draußen her ein Logging über Akustikkoppler oder auch über V.24-Kabel vornimmt.

Der Portable dient dem Außendienstmitarbeiter also als Sende- und Empfangsstation für seine Daten. Wenn er die Daten in den RAM-Speicher "hinunterlädt", kann er sie außerdem speichern und mit ihnen weiterarbeiten. Er kann beispielsweise eine aktuell eingelesene Preisliste mit Hilfe von "Lotus-1-2-3"-Funktionen zur Berechnung von Kalkulationsalternativen heranziehen und die Ergebnisse über einen batteriebetriebenen Thinkjet-Drucker dem Kunden als Angebotsvarianten ausdrucken.

Der Verkaufsfahrer beispielsweise nutzt den Portable zum Notieren seiner Verkaufsdaten und zur Übertragung dieser Daten zum Zentralrechner. Der Zentralrechner läßt auf der Basis der Verkaufsdaten Dispositions- und Logistikprogramme ablaufen. Für den Verkaufsfahrer (und nicht nur für ihn) besteht der Nutzen dieses Verfahrens darin, daß er jeden Tag eine sauber durchgeplante und optimierte Tour antreten kann.

Zusatznutzen für alle Beteiligten

Zu den konkreten SSPN-Implementierungen, über die berichtet werden kann, gehört ein US-Unternehmen der Möbelindustrie, das vor kurzem eine interessante Rechnung aufmachte: Demnach ermöglicht die SSPN-Implementierung und der durch sie reduzierte Verwaltungsaufwand den Außendienstlern im Durchschnitt pro Tag einen Kundenbesuch mehr. Die dadurch erzielten Effekte kommen nach aller Erfahrung einem Ausbau der Vertriebsmannschaft um zehn Prozent gleich.

Doch SSPN bewirkte noch mehr: Das Stornieren von Kundenaufträgen, früher eine alltägliche Sache, findet kaum mehr statt. Denn weil die Vertriebsleute sofort und jederzeit wissen beziehungsweise abrufen können, was wann in welchem Umfang lieferbar ist, können sie den Kunden gleich "richtig" beraten.

*Harald Kalbhenn ist im Bereich Marketing der Hewlett-Packard GmbH, Bad Homburg, zuständig für DV-gestützte Außendienstsysteme.