Auslese in einem sterbenden Markt

13.09.1991

Erst einmal werde er immer kritisiert, dann aber stelle sich heraus, daß er richtig gehandelt habe. So - sinngemäß - verteidigt CA-Boß Charles Wang die Expansionspolitik des gefräßigen Software-Giganten (siehe auch Seite 1). Daß etwa die Übernahme des renommierten Datenbank-Anbieters Cullinet Software Inc. im Jahre 1988 den IDMS-Kunden Verdruß gebracht hat, darüber geht Wang großzügig hinweg. Der clevere Manager weiß natürlich, daß /370-Anwender, die fremdgehen, was bestimmte systemnahe Software-bereiche betrifft, auf den Support des alten wie des neuen Third-Party-Lieferanten angewiesen sind. Computer Associates kann also, das bewirken die Spielregeln in der IBM-Mainframe-Welt, mit der Geduld der Anwender rechnen. Daß die Rechnung zunehmend ohne den Host gemacht wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Der Vorrat an Gemeinsamkeiten - und von solchen kann man in bezug auf das Kunden-Lieferanten-Verhältnis im Falle CA durchaus sprechen - schmilzt nämlich immer mehr zusammen, zum einen, weil der Mainframe-Bestand abnimmt, zum anderen, weil sich die Angebotsseite notgedrungen auf diese Entwicklung einstellt. Markt und Auslese: Im Laufe der letzten neun Jahre hat Computer Associates mit Capex, Johnson Systems, Issco, Uccel, ADR und Cullinet Mainframe-Softwarefirmen übernommen, die - so sagen Zyniker - ohnehin über kurz oder lang das Zeitliche gesegnet hätten. Die Pansophic-Akquistion paßt, auch wenn es die Betroffenen nicht gern hören, in dieses Schema.

Ob Wang auch weiß, daß CA selbst der Tücke des /370-Softwaremarktes ausgesetzt ist, eines sterbenden Marktes, in dem es für Fusionierer nur noch wenige lohnende Objekte gibt? Davon kann man, davon muß man ausgehen. Was aber kann Computer Associates tun, wenn es dieser Tücke entrinnen will, gleichsam als Retter der IDMS/Datacom/Easytrieve/Telon-Mainframe-Anwender in der Verantwortung zu stehen, sehr wohl wissend, daß die Software-Musik in Zukunft auf anderen Systemen (Client-Server, Unix, PC) gespielt wird?

Ohne Schrammen, hüben wie drüben, wird das nicht abgehen. Das heißt: Noch wichtiger als Parkschutz muß für CA sein, neue Märkte zu besetzen, dabei Altkunden wenn nötig im Stich zu lassen. Die Kunden sollten bedenken, daß es für die CA-Sort-Company auf die Frage "Lohnt sich das /370-Geschäft noch?" hinausläuft. Eine unbefristete Garantie haben sie nicht, wenn es um die Wartung und Weiterentwicklung der vorhandenen Mainframe-Software-Produkte von unabhängigen Fremdanbietern wie Computer Associates geht. Sich auf die IBM zu verlassen, kann nicht die Lösung sein. Besser als jeder andere DV-Hersteller weiß der Mainframe-Marktführer, daß die Mainframe-Ära unaufhaltsam zu Ende geht.