Auslagern ist en vogue

26.01.2007
Von Armin Strauß
Outsourcing ist für viele Unternehmen die erste Wahl, um ihre IT zu managen. Die Frage lautet: Ist das der einzige Weg?

Von Armin Strauß*

Hier lesen Sie

- was für und was gegen IT-Outsourcing an einen Field-Service-Anbieter spricht;

- warum viele Anwender das Auslagern als den einfacheren Weg erachten;

- welche Vorbereitungen zu treffen sind.

Fahrplan zum Outsourcing

Ausführlich planen: Dazu gehört, die Strategie des Unternehmens zu beachten und die konkreten Ziele eines Outsourcings zu definieren. Erst dann sollten Angebote eingeholt und verglichen werden. Extern erbrachter Support muss klar geregelt und hochwertig sein.

Keine überzogenen Erwartungen haben: Einsparungen sind möglich, sollten aber nicht der einzige Grund für das Outsourcing sein. Auch hier ist es wichtig, Strategie und Ziele des Unternehmens in die Entscheidung für einen Anbieter einfließen zu lassen.

Auf Flexibilität im Vertrag achten: Berücksichtigen Sie in mehrjährigen Verträgen, dass sich Technologien und Geschäftsanforderungen innerhalb der Vertragslaufzeit weiterentwickeln werden. Setzen Sie einen Vertrag auf, der so flexibel ist, dass ohne Neuverhandlung oder Vertragsänderung neue Services aufgesetzt und beendigt sowie SLAs verändert werden können

Mehr zum Thema

579591: Allianz-Tochter Agis lagert Services und 600 Mitarbeiter aus;

569867: Süddeutscher Verlag lagert Desktop-Support aus;

Immer mehr Anwenderunternehmen kaufen Service zur Betreuung von IT-Endgeräten wie Druckern, PCs, Notebooks und PDAs ein, weil sie die Leistungen nicht mehr selbst erbringen wollen. Viele entledigen sich dieser Aufgabe durch Auslagern – wie die Beispiele ZFS, Talanx-Gerling, Deutsche Bank, Haspa und viele andere zeigen. Die Finanzdienstleister haben die eigene IT-Abteilung für den Desktop- und Server-Support sowie Netz- und TK-Dienstleistungen entweder in eine eigenständige Tochtergesellschaft ausgegründet (etwa AXA und Allianz) oder die Serviceerbringung an IT-Dienstleister ausgelagert. Ein weiteres Beispiel ist das Touristikunternehmen Thomas Cook, das Ende 2006 in Belgien, Frankreich und den Niederlanden den Desktop-Betrieb für mehr als 3600 Endgeräte an 610 Standorten fremdvergeben hat.

Auslagern oder selbst betreiben?

Für den externen Betrieb von Desktop-Services aber auch für den Server-Support gibt es in Deutschland bereits einen reifen Markt. Die Frage lautet: Ist das die einzige Lösung? Die nahe liegende Alternative ist natürlich, nicht auszulagern. Diese Entscheidung bedeutet dann allerdings auch, die eigene Desktop-Infrastruktur selbst zu managen. Marktbeobachter listen die damit verbundenen Aufgaben auf: Desktops müssen bereitgestellt, installiert, ins Netz eingebunden, gewartet und entsorgt werden, Anwender brauchen Unterstützung, zudem sind Sicherheit und Finanzierung zu gewährleisten. All dies müssen mehrere Abteilungen im Unternehmen organisieren und im Sinne der Qualitätssicherung auch dokumentieren. Dafür sind natürlich die entsprechenden Mittel und Kompetenzen nötig. Hinzu kommt der Druck auf nahezu alle Unternehmen, ihre IT-Infrastruktur europa- beziehungsweise weltweit zu standardisieren, um die Kosten für die dazugehörigen Services erheblich zu senken.

Da bieten die ganzheitlichen und preislich attraktiven Konzepte der Dienstleister natürlich interessante Perspektiven. Outsourcing ist in den meisten Fällen günstiger und flexibler: Off- oder Nearshoring reduzieren die Gehaltsausgaben, und im Inland greifen Skaleneffekte und Spezialisierungen beim IT-Dienstleister.

Kosten müssen runter

Vom Auslagern ihrer Arbeitsplatzsysteme versprechen sich Firmen in erster Linie geringere Kosten. Dabei sind Einsparungen zwischen zehn und 30 Prozent durchaus realistisch. Die konkrete Höhe hängt zum einen vom Umfang des Vertrags, aber auch vom IT-Reifegrad des Anwenderunternehmens ab. Anwenderunternehmen sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass Outsourcing selten hilft, bestehende IT-Probleme innerhalb des Unternehmens zu beseitigen. Je besser eine IT-Landschaft geordnet und organisiert ist, desto einfacher, erfolgreicher und damit kostengünstiger lassen sich Services auslagern.

Bei der Entscheidung für oder gegen Outsourcing ist es für das Unternehmen immens wichtig, über eine tragfähige IT-Strategie zu verfügen um dann die Sourcing-Ziele zu definieren, die erreicht werden sollen. Der Vorbereitungs- und Management-Aufwand sollte in keinem Fall unterschätzt werden. Ursachen für gescheiterte Projekte liegen fast immer in schlechter Vorbereitung oder einem unvollständigen oder zu starren Vertragswerk.

Sorgfältige Planung, konkrete Vereinbarungen über Service-Level-Agreements (beispielsweise Support rund um die Uhr oder nur von 8.00 bis 16.00 Uhr) und eine klare Leistungsbeschreibung sind Grundvoraussetzungen für ein erfolgreiches Auslagerungsprojekt. Hier werden Durchsatzraten, Antwortzeiten, Verfügbarkeiten, Kapazitäten und andere Messgrößen definiert, aber auch die Erreichbarkeit der Mitarbeiter oder die mittlere Dauer einer Störungsbehebung.

Wichtig ist ein flexibler Vertrag

Schon während der Vertragsverhandlungen müssen sich Kunde und Dienstleister darüber im Klaren sein, dass es während der Laufzeit nahezu täglich Veränderungen geben wird. Wichtig ist deshalb vor allem ein flexibler Vertrag, der technische Neuerungen, veränderte Serviceanforderungen, aber auch das Beenden von Services innerhalb der Vertragslaufzeit ermöglicht und dazu fest definierte und geregelte Prozesse vorsieht. Empfehlenswert ist dabei immer ein unabhängiger Berater, der das Anwenderunternehmen während des gesamten Prozesses der Ausschreibung und auch nach der Vertragsunterschrift betreut, bis sich gute Sourcing-Management-Strukturen herausgebildet haben.

Die Arbeit der mit dem Sourcing-Management befassten Geschäftseinheit beim Kunden entscheidet über Erfolg oder Misserfolg des Outsourcing-Vertrags. Die wenigsten Unternehmen verfügen heute über ausreichende eigene Kompetenzen, um einen solchen Vertrag auszuhandeln, Anbieter zu bewerten und alle Abläufe zu managen.

Ein Outsourcing-Vorhaben ist ein harter Prozess und stellt intensive Anforderungen sowohl an den Anbieter als auch an das abgebende Unternehmen. Der Anbieter muss seinen Kunden und die speziellen Erfordernisse der Branche verstehen und die für ihn optimale Lösung anbieten, gleichzeitig aber auch für sich selbst kosteneffizient arbeiten.

Die Anwender sollten sich ihrerseits von überzogenen Erwartungen verabschieden und sich darauf einstellen, die ausgelagerten Bereiche auch mental loszulassen: Sie müssen sich nach dem Betriebsübergang auf das Vertrags- und Service-Management konzentrieren und den Servicebetrieb samt den dafür erforderlichen Techniken und Prozessen dem Servicepartner überlassen. Während die Gestaltung und Verantwortung der IT-Strategie so weit wie möglich im Unternehmen bleiben sollte, eignen sich Bereiche wie Desktop, Server und Netzwerke sowie in vielen Fällen auch die Applikationsentwicklung und -wartung sehr gut für ein Outsourcing.

Desktops sind technisch ausgereifte Massengeräte von strategisch untergeordneter Rolle. Vor allem standardisierte IT-Aufgaben, die nicht unmittelbar mit dem Kerngeschäft verbunden sind, lassen sich gut automatisieren und auslagern. Im Desktop- und Helpdesk-Betrieb setzen sich zunehmend Einheitsservices zu Standardpreisen durch, so dass einer kostengünstigen, automatisierten Massenabwicklung fast nichts mehr im Wege steht. An ihre Grenzen stoßen solche Standardservices allerdings in Bereichen, die sehr individuell und eng mit dem Anwenderunternehmen verbunden sind oder wo neue technische Entwicklungen integriert werden müssen. Hier müssen sowohl Anwender als auch Anbieter zuerst mehr Erfahrungen sammeln, bevor diese Prozesse standardisierbar und damit gut auszulagern sind.

Spannende Jahre stehen bevor

Im Unterschied zu umfangreichen "Alles-inklusive”-Verträgen tendieren immer mehr Kunden dazu, die Aufgaben in kleineren Einheiten auszulagern. Die Transaktionen sind daher momentan tendenziell überschaubar und die Gruppe der Dienstleistungsanbieter wird größer. Insbesondere bei den Basisservices werden die Preise weiter schrumpfen, und der Markt wird zunehmend hart umkämpft sein.

Wie immer bei solchen Veränderungen wird es auch hier Gewinner und Verlierer geben – auf jeden Fall aber werden die Kunden davon profitieren. Im Ergebnis werden die IT-Dienstleister eine immer umfangreichere Palette an Leistungen zu immer niedrigeren Preisen anbieten, insbesondere im Bereich der Remote Control und des Monitoring. (jha)

* Armin Strauß ist Project Director bei der TPI Eurosourcing GmbH.