Ausbaufaehiges Set Informix-Tool muss erst noch in seine Aufgaben hineinwachsen

05.05.1995

Die erste Version der grafischen, objektorientierten Entwicklungsumgebung "New Era" laesst noch einige Wuensche offen. Michael Matzer* legt die Schwachstellen bloss und berichtet, welche Verbesserungen Informix plant.

New Era 1.0 von Informix stellt grafische und objektorientierte 4GL-Entwicklungs-Tools fuer die beiden Informix-Datenbanken "Standard Engine 6.0" und "Online Dynamic Server" bereit. Die gegenwaertige New-Era-Version laeuft unter Windows 3.x, demnaechst sollen Versionen fuer Unix (HP, Sun, IBM) und OS/2 erscheinen. Darueber hinaus plant das Unternehmen eine Variante fuer den "Workgroup Server" von Informix.

New Era setzt das Management-Tool "Viewpoint" beziehungsweise das umfangreichere "Viewpoint Pro" sowie die Microsoft- Entwicklungsumgebung "Visual C++" voraus. Mit dem Endbenutzer-Tool "Viewpoint" kann ein in der Programmierung fortgeschrittener Anwender Abfragen, Masken und Berichte erstellen. Andere Compiler werden momentan nicht unterstuetzt. Das treibt die Informix- Anwender dem Softwaremogul Microsoft in die Arme.

Visual C++ kostet im Laden rund 700 Mark. Informix versucht, die Abhaengigkeit durch Kontakte zu den Westmount-Tool-Entwicklern zu reduzieren. Deren Tools sollen die WIF-Dateien (Windows Intermediate Format) ebenfalls verarbeiten koennen.

Mit dem New-Era-Werkzeug "Window Painter" lassen sich multifunktionale Masken erzeugen. Damit stellt das Designwerkzeug eine der wichtigsten Hilfen fuer die Oberflaechengestaltung dar. Es ist mit Code- und Properties-Fenstern sowie mit einer objektorientierten Architektur ausgestattet. Sobald eine Verbindung zu einer Datenbank eingerichtet ist, lassen sich Masken ausser mit Buttons, Text und Grafiken auch mit Fenstern auf Tabellen, sogenannte "Super Tables", fuellen.

Applikationsentwicklung ohne eine Informix-Datenbank ist nicht moeglich. Sie muss remote oder lokal auch vorhanden sein, um eine ODBC-gestuetzte Verbindung aufzubauen. Leider straeubte sich im Test manche Informix-Datenbank, sich hierfuer benutzen zu lassen - aus unbekannten Gruenden.

Ein Entwickler, der relationale Verknuepfungen zwischen den Tabellen bearbeiten will, die er in eine Maske eingebunden hat, muss dies mit New Era 1.0 auf recht umstaendliche Art und Weise bewerkstelligen. Die Verknuepfungen lassen sich nicht wie etwa in "Access" grafisch mit Hilfe der Maus herstellen, sondern durch Befehlseingabe. Da ist der Profi gefragt.

Automatische Master-Detail-Verknuepfungen zwischen Tabellen fuer 1:n-Beziehungen zwischen Werten sind erst ab der Version 2.0 zu verwenden, die ab Herbst zur Verfuegung stehen soll. Um diese Funktionen zu bekommen, muessen zur Zeit etwa vier Zeilen Code programmiert werden.

Die fertige Maske laesst sich in Code umwandeln, indem man sie speichert. Erst dann sind auch die Tabellenwerte ersichtlich. Beim Speichern wird Pseudocode erzeugt, und drei Dateien werden angelegt: eine Header-Datei, die eigentliche Codedatei, die der Benutzer in keinen Fall anstarten sollte (bitte nicht bearbeiten!) und eine WIF-Datei, die die Elemente der Maskenoberflaeche beschreibt - sie ist leicht in jedem ASCII-Editor zu bearbeiten.

Der Pseudocode kann vom Visual-C++-Compiler in C-Code, genauer gesagt in eine Dynamic Link Library (DLL) umgewandelt werden. Dies erfolgt bequem und einfach ueber den "Application Builder", das zweite Herzstueck von New Era. In ihm werden die drei genannten Dateien auch als gemeinsames Projekt verwaltet. Mit einem Debugger kann der Entwickler seine Anwendung auf Fehler testen und korrigieren.

Die aktuelle Version 1.0 ermoeglicht die Generierung von einer DLL pro Anwendung - ein bescheidener Anfang. Release 1.2 soll mehrere DLLs pro Anwendung unterstuetzen, was auch groessere Applikationen zuliesse.

Wie Michael Laubach, Product Manager fuer Datenbank-Tools bei Informix Deutschland, versichert, wendet sich sein Unternehmen mit New Era vorrangig an Firmenentwickler, die gleich mehrere hundert Anwender mit ihren Applikationen versorgen. Auf diese Weise lohne sich das Geschaeft mit den Lizenzen erst richtig. "Sollen andere den Massenmarkt bedienen", spielt Laubach auf Microsoft und Gupta an.

Bei den Systemvoraussetzungen ist New Era zwar nicht unbescheiden, bleibt aber im Rahmen, den auch andere Entwicklungsumgebungen wie "Oracle CDE2" beanspruchen. Auf der Festplatte belegt New Era rund 50 MB, die Laufzeitlizenz benoetigt 5 MB. Zur Laufzeit verlangt das System mindestens 8 MB Hauptspeicher, beim Einsatz der Entwicklungs-Tools jedoch 16 MB.

* Michael Matzer ist freier Autor in Herrsching bei Muenchen.