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Warum Konzernchef Kai-Uwe Ricke seinen Konzern umbaut

Aus vier Telekom-Säulen werden drei

05.07.2004

Zog Ricke die Notbremse?

Insidern zufolge zog Ricke damit die Notbremse bei einem Prozess, der drohte, ihm vollends aus den Händen zu gleiten. Die bisherigen Konzernsäulen agieren unkoordiniert; es gibt Eifersüchteleien und Grabenkämpfe zwischen einzelnen Bereichsvorständen, und - schlimmer noch - es kommt bis zum heutigen Tag zu Synergieverlusten und damit zu Beeinträchtigungen im operativen Geschäft. Als exemplarisch für diese Misere gilt seit längerem der Konkurrenzkampf zwischen den Sparten T-Com und T-Online, wo sich der Ende April in Folge des Maut-Desasters geschasste T-Com-Vorstand Josef Brauner und T-Online-Vorstandschef Thomas Holtrop immer wieder um Kompetenzen und Vermarktungsstrategien stritten. Während aus Brauners Sicht die Internet-Tochter des Konzerns längst nur noch der verlängerte Vertriebsarm von T-Com war, hält T-Online-Chef Holtrop unverändert an der Vision vom integrierten Medienhaus fest. Tatsache ist, dass die mächtige Festnetzsparte, die immer noch den mit Abstand größten Anteil zum Konzernumsatz beisteuert, dem eigenen Online-Ableger die technischen Vorleistungen für alle ISDN- und vor allem die breitbandigen T-DSL-Anschlüsse liefert, ohne die der selbsternannte Internet-Dienstleister heute im Markt ziemlich alt aussehen würde.

Doch das ursprünglich fein ausgedachte Zusammenspiel beider Konzernsäulen funktioniert längst nicht mehr so gut wie in den Jahren zuvor. Beide Sparten kamen sich zuletzt in ihren Werbeauftritten immer häufiger ins Gehege, zudem ist der Markt für Vielsurfer, die einen breitbandigen Internet-Anschluss benötigen, inzwischen hart umkämpft. Glaubt man der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP), nutzten Ende 2003 bereits 700.000 der rund vier Millionen T-DSL-Kunden einen anderen Internet-Provider als T-Online. Die Situation dürfte sich für die Internet-Tochter der Telekom, die sich im Geschäft mit Online-Werbung und sonstigen Internet-Diensten nach wie vor schwer tut, eher noch verschlimmern. Wettbewerber wie Freenet und Arcor, die bisher als Wiederverkäufer von T-DSL-Anschlüssen im Markt auftreten mussten, können seit Juli die von der Telekom angemieteten DSL-Anschlüsse auch unter eigenem Label vermarkten.

Insofern wundert es kaum, dass sich die seit Monaten kursierenden Spekulationen über eine Reintegration von T-Online in den Konzern und ein Delisting von der Börse verdichten. Erst recht, nachdem France Télécom mit seiner Internet-Tochter Wanadoo diesen Schritt bereits vollzogen hat. Den Traum vom virtuellen Medienhaus hat man in Paris längst ausgeträumt, während Bonn noch die Augen davor verschließt, dass immer noch mehr als 80 Prozent der Umsätze von T-Online aus den genannten Angeboten kommen, die T-Com technisch bereitstellt, heißt es in der Branche.