Aus Gerstners Rede vor Finanzanalysten

08.04.1994

Der CW-Redaktion liegt das Manuskript der Gerstner-Rede vor. Auszug:

Die DV-Industrie hat sich in drei einander ueberlappenden Phasen entwickelt. Die erste begann vor 30 Jahren und wurde von der IBM angefuehrt. Es war eine Host-zentrierte Welt, in der IBM proprietaere Produkte entwickelte und in der der Anwender von uns abhaengig war. Ich nenne sie die "Prepackaged System Phase".

Dann kamen wir in die zweite Phase, die Demokratisierung der Computertechnologie, die der Geburt des Mikroprozessors folgte. Wir erlebten eine Explosion der PC-Verkaeufe, von "shrink-wrapped" Software, LANs und Workstations. Die Endanwender - die all diese Technologie zum ersten Mal direkt kaufen konnten - wurden immer staerker frustriert durch die langen Reaktionszeiten der traditionellen DV-Zentren.

Deshalb begannen sie Produkte von Nischenanbietern zu kaufen, die Interoperabilitaet versprachen, nur um spaeter unter inkompatibler Soft- und Hardware zu leiden. Die Kunden begannen, die Kontrolle ueber ihre Daten, ihre IT-Budgets und die Durchgaengigkeit ihrer Systemarchitekturen zu verlieren. Das war die Zeit der "De- Integration", die Herrschaft der Stueckwerktechnologie.

Heute befinden wir uns in der dritten Phase. Die Kunden sind gegenueber dem staendigen Strom neuer IT-Technologien sehr skeptisch geworden. Ein Anwender fasste das waehrend eines meiner Treffen mit Chief Information Officers zusammen. Er sagte: "Vielleicht solltet ihr die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung verlangsamen." Es gibt eine Menge Kunden, die aehnlich fuehlen. Sie fuehlen sich von dem Chaos konkurrierender Technologien bedraengt.

Sie wollen Hilfe bei der Migration von zentralen, Host-basierten Sy- stemen in die neue Welt der dezentralen DV, die sie inzwischen als teurer und komplizierter einstufen als urspruenglich gedacht. Die heute in diesem Bereich verfuegbare Hard- und Software kann keine Mission-critical-Applikationen handhaben. Interoperabilitaet ist schwierig zu bewerkstelligen, die Daten sind nicht sicher, und die System-Management-Tools sind schwach.

Kunden fordern: Gebt uns Technologie, die wir managen koennen, die einfach einzusetzen ist, die sich mit einer vernuenftigen Geschwindigkeit entwickelt und, was am wichtigsten ist, die uns hilft, messbare Wettbewerbsvorteile zu erreichen.

Diese Trends stellen sowohl eine Bedrohung als auch eine Moeglichkeit fuer die Industrie und fuer IBM dar. Wir nehmen sie sehr ernst, und ich hoffe, Sie erkennen sie in unseren strategischen Prioritaeten wieder.