Aus dem Tagebuch eines Beraters

13.03.2003
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
"Unternehmensberater verdienen unanständig viel Geld, sind gebildet und hoch qualifiziert." Mit diesem und anderen Aussagen, die alle gängigen Stereotypen über Berater zum Ausdruck bringen, beginnen Karsten Sauer und Michael Sahnau ihr Buch "FRA-MUC-FRA: Einmal Beratung und zurück".

Die Autoren waren selbst jahrelang als IT-Berater in Deutschland unterwegs und haben ihre gesammelten Erfahrungen in einem Tagebuch komprimiert.

Herausgekommen ist die Beschreibung von zwei Wochen, zwischen denen vier Jahre liegen: Zunächst erzählt der unerfahrene Protagonist, der erst vor wenigen Wochen bei der großen IT-Beratung eingestiegen ist, die zweite Woche erlebt der Leser durch den Blickwinkel des arrivierten Beraters, der professionell beim Kunden agiert, aber selbst ernüchtert ist.

Vor allem im ersten Teil des Buches werden sich Hochschulabsolventen wiederfinden: Ob es der ungewohnte Auftritt im Anzug ist, die Zweifel am eigenen Können oder das Überlegenheitsgefühl gegenüber Sachbearbeitern, solche Phänomene sind nicht nur für Berater typisch. Anders dagegen die hohe Reisetätigkeit, die mit diesem Beruf einhergeht. Einerseits findet es der Jungberater schick, per Mietauto oder Flugzeug durch die Republik zu reisen, in den besten Hotels zu übernachten und dank der großzügigen Spesen sein Konto nochmals aufzubessern.

Andererseits beginnt für ihn die Arbeitswoche schon am Sonntag nachmittag, wenn er den Koffer packen und sich vorbereiten muss. Bald ist für ihn selbstverständlich, dass er sich Zeit erkauft - indem er seine Hemden nur noch zur Reinigung bringt und nicht mehr selbst bügelt. Auch sonst hat der Job sein Verhalten im Alltag verändert - sei es, dass er die Suche nach einer größeren Wohnung wie ein Projekt angeht und Meilensteine festlegt oder dass er im Schuhgeschäft Optimierungspotenzial identifiziert - am liebsten würde er dem Geschäftsführer sagen, dass dieser doch Autozeitschriften oder Wirtschaftsmagazine auslegen sollte, um den Ehemännern die Wartezeit zu verkürzen, während die Frauen einen Schuh nach dem anderen anprobieren.

Wie sehr der Beruf immer mehr vom Privatleben des jungen Beraters Besitz ergreift, schildern die Autoren realistisch und überzeugend. Dagegen bleibt ihre Beobachtung der eigentlichen Aufgabe eines Consultant sehr schematisch. Weder Kunden noch die Art der Projekte werden näher charakterisiert, auch die einzelnen Tätigkeiten wie Präsentation oder Organisation eines Workshops werden zwar genannt, aber nicht mit Inhalten gefüllt. Hier hätte ein wenig Phantasie nicht geschadet.