Widerrufsrecht bei Mobilfunkverträgen

Augen auf beim Handykauf übers Internet

16.06.2010
Von 


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Nach SIM-Karten-Nutzung beim Handyvertrag kein Widerrufsrecht mehr?

Viele Mobilfunknetzbetreiber vertraten die Ansicht, dass nach altem Recht dies dann der Fall war, wenn die SIM-Karte des Mobilfunk-Dienstleisters genutzt wurde. Dass die Rechtslage jedoch unter Umständen ganz anders und sehr viel verbraucherfreundlicher aussehen kann, macht eine Entscheidung des Landgerichtes Kiel vom 25.03.2009, Az.: 5 O 206/08, deutlich. Das LG Kiel hatte die Klage eines Verbraucherverbandes gegen einen Mobilfunk-Telefondienstleister zu entscheiden. U. a. ging es um die Formulierung des Widerrufsrechtes. Der Telefondienstleister hatte folgende Klausel verwendet:

"Das Widerrufsrecht des Kunden erlischt vorzeitig, wenn ... mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat oder der Kunde dies selbst veranlasst hat, z. B. unter Nutzung der ... SIM-Karte die Mobilfunk-Dienstleistungen der ... in Anspruch nimmt oder einen Antrag auf Rufnummermitnahme stellt."

Im ersten Halbsatz entsprach die Formulierung dem alten amtlichen Muster. Der gesamte Rechtsstreit richtete sich nach der alten Rechtslage vor dem 04.08.2009. Man könnte meinen, dass der auf erstem Blick verbraucherfreundliche Hinweis, wann das Widerrufsrecht erlischt, nämlich bspw. durch Nutzung der SIM-Karte, eigentlich kein Problem darstellen würde. Dies gilt umso mehr, als dass sich viele Verbraucher unter abstrakten Formulierungen nur wenig vorstellen können.

Vor den Augen der Kieler Richter fand die Klausel jedoch keine Gnade:

Klausel nicht gültig

Zum einen wurde angezweifelt, ob der Antrag des Kunden auf Rufnummermitnahme schon den Beginn der Ausführung der Dienstleistung darstellt. Spitzfindig wurde argumentiert, dass das bloße Stellen eines Antrages noch nicht das Ingangsetzen des Portierungsprozesses zur Folge hat. Hiermit könnte man noch leben.

Interessant wird es jedoch an dem Punkt, an dem die Richter sich zu der Frage äußern, ob die Nutzung einer SIM-Karte das Widerrufsrecht erlöschen lässt. In der juristischen Literatur wird hinsichtlich dieser Frage zwischen teilbaren und unteilbaren Dienstleistungen differenziert. Eine unteilbare Dienstleistung ist dann gegeben, wenn ein Widerrufsrecht nur den Vertrag als Ganzes erfasst. Teilbar dagegen sind Schuldverhältnisse, die zum Zeitpunkt des Widerrufes beendet werden können, ohne dass dem Unternehmer dadurch unzumutbare Nachteile entstünden.