Aufschwung war nur von kurzer Dauer:US-Chip-Markt wieder auf Talfahrt

22.08.1986

SAN JOSE/MÜNCHEN (bk) - Das Sommerloch im Halbleiter-Geschäft schließt sich immer noch nicht. Betroffen sind nach wie vor in erster Linie die Vereinigten Staaten. Der amerikanische Halbleiterverband, Semiconductor Industry Association (SIA) legte jetzt die Ergebnisse für Auftragseingang und Auslieferungen im Juli vor.

Bereits seit drei Monaten befindet sich der Halbleitermarkt nun schon wieder auf Talfahrt. Nach dem katastrophalen vergangenen Jahr hatte sich Anfang 1986 als sich die Anzeichen einer Erholungsphase verdichteten, bei den amerikanischen Chip-Produzenten Hoffnung auf bessere Zeiten breitgemacht. Die Auftragseingänge stiegen, die Preise stabilisierten sich. Erstmals seit Monaten konnten die US-Hersteller bei den Quartalsergebnissen wieder bessere Zahlen, wenn auch noch in der Verlustzone, präsentieren. Das Schreckgespenst Chipkrise schien endlich gebannt.

Doch der so lang ersehnte Wiederaufschwung versandete bereits Anfang April. Eine neue Talfahrt begann und ließ die Ergebnisse des zweiten Quartals erneut hohe Verluste aufweisen; so zum Beispiel bei Intel und Advanced Micro Devices. Vor allem die Auftragseingänge sind rückläufig. So meldet die SIA für Juli einen erneuten Orderrückgang von 14 Prozent gegenüber dem Vormonat. Lag der Auftragseingang im Juni noch bei 785,9 Millionen Dollar, so reduzierte er sich im Juli auf 658,4 Millionen Dollar. Als "Spiegel dieser

neuen Flaute" kündigte Advanced Micro Devices jetzt die Entlassung von 200 Mitarbeitern an.

Geteilt ist die Meinung in den USA darüber, wie die diesjährige Entwicklung des Halbleitermarktes zu bewerten ist. Der US-Halbleiterverband bezeichnet die derzeitige Absatzschwäche immer noch als "Sommerloch" und sieht offiziell keinen Grund zur Sorge. Kommentiert Andrew A. Procassini, SIA-President: "In den Sommermonaten sind die Auftragseingänge und Auslieferungen immer niedriger als in anderen Monaten." Außerdem läge das Juli-Ergebnis immer noch über den Zahlen von Herbst und Winter des vergangenen Jahres. Ferner hat Procassini für die Chipindustrie eine "wachsende Nachfrage der Computerhersteller" festgestellt.

Viele amerikanische Chipproduzenten können den Prognosen ihres Verbandes jedoch nicht zustimmen. Sowohl Intel-Chairman Gordon E. Moore als auch William Sanders, President von Advanced Micro Devices, und James Feldham, Vice-President der Instat Inc., sehen die unmittelbare Zukunft des Halbleiter-Absatzes eher düster. Die Flaute werde auch in den kommenden Monaten anhalten, wenn das Geschäft in der Computerindustrie weiter stagniere. Und James Feldham vermutet sogar, daß der Gesamtumsatz der amerikanischen Halbleiterindustrie 1986 gerade 3,5 Prozent über dem des Vorjahres liegen wird. Dies jedoch, so Feldham, könne man wohl kaum als "Erholung" bezeichnen.