Aufschwung soll Honorare beflügeln

15.10.2004
Mehr Projektanfragen, aber auch mehr Mitbewerber - diese beiden Trends bestimmen den Markt für Freiberufler. Dennoch hoffen die selbständigen IT-Profis, dass die Talfahrt der Honorare gestoppt ist.

Der Personalabbau in der IT-Branche hat auch den Markt für Freiberufler nachhaltig beeinflusst. So machen sich immer mehr IT-Profis selbständig, wie der jüngste Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes zeigt. 2003 erreichte die Zahl der IT-Selbständigen die 50000, was nahezu einer Verdopplung seit 1996 entspricht. Vor allem in den vergangenen beiden Jahren haben viele zuvor Festangestellte eine eigene Existenz gegründet, nachdem ihre Arbeitsplätze nach Umstrukturierung, Fusionen oder Insolvenzen wegfielen.

"Das Sommerloch ist dieses Jahr ausgefallen"

Der größeren Anzahl an Selbständigen stehen in diesem Jahr auch deutlich mehr Projektanfragen gegenüber. Dazu Stefan Symanek vom Projektportal Gulp, in dem über 50000 IT-Freiberufler im deutschsprachigen Raum mit ihren Profilen eingetragen sind: "Die Auswertung der ersten drei Quartale zeigt, dass sich die Projektanfragen auf einem hohen Niveau eingependelt haben, selbst das Sommerloch ist in diesem Jahr ausgefallen." So zählte Gulp in den ersten neun Monaten nahezu 40000 Anfragen an Freiberufler, allein im abgelaufenen dritten Quartal waren es 14415. Zum Vergleich: Im den ersten drei Quartalen 2003 waren nur 22 000 Projektanfragen eingegangen. Für den Rest des Jahres ist Symanek weiter optimistisch, denn Oktober und November gelten traditionell als die ertragreichsten Monate für IT-Freiberufler.

Die bessere Auftragslage für selbständige Experten ist zum Teil auch auf den Personalabbau in der Branche zurückzuführen. Viele IT-Abteilungen haben nicht mehr genügend Mitarbeiter, um große Projekte ohne externe Unterstützung umzusetzen. Dann kommen die Freiberufler zum Zug. Gefragt waren im vergangenen Monat vor allem klassische Qualifikationen wie C++ und Java bei den Programmiersprachen sowie Wissen um Oracle- und IBM-Datenbanken. Aber auch seltener gefragte Skills wie SQL, Basic, Abap 4 oder SQL-Server holten auf. Von SAP-Experten werden Kenntnisse in Controlling, Finanzwesen und Vertrieb erwartet.

Spannend für Freiberufler bleibt die Honorarfrage. Noch im August hatten die durchschnittlichen Stundensatzforderungen die Marke von 64 Euro unterschritten und damit einen neuen Tiefstand erreicht. Mittlerweile verbreitet sich die Hoffnung, dass die jahrelange Talfahrt der Stundensätze gestoppt ist.

Freiberufler hoffen auf höhere Stundensätze

In einer aktuellen Gulp-Umfrage unter 657 Freiberuflern gehen 42 Prozent davon aus, dass die Stundensätze im Allgemeinen stagnieren, jeder Dritte rechnet sogar damit, dass er wieder mehr Geld bekommt. 30 Prozent der Befragten wollen ihre Dienstleistung teurer verkaufen als in der Vergangenheit. Auch die Projektvermittler glauben, dass die Stundensätze nicht weiter fallen werden. Jeder Dritte der befragten 136 Vermittler stellt sich auf einen Anstieg der Stundensätze ein.

Qualität und Loyalität haben ihren Preis

Gulp-Geschäftsführer Karl Trageiser begrüßt diese Einsicht der Projektvermittler: "Mittlerweile wissen die meisten Anbieter, dass Honorare nicht beliebig gedrückt werden können, weil man auf der Suche nach Qualität in tieferen Stundensatzregionen einfach nicht mehr fündig wird. Und wenn doch, dann ist die emotionale Bindung des Freiberuflers an das Projekt gering, was letztlich auf Kosten der Qualität geht oder gar den Freiberufler wieder aus dem Projekt treibt." Für Trageiser sind die Grenzen in der Preispolitik erreicht: "Wir warnen ausdrücklich davor, die Stundensätze weiter herunterzufahren - und das gilt auch für die Projektendkunden." (am)

Abb: Mehr Projekte

Der IT-Projektmarkt hat sich in diesem Jahr erholt und stabilisiert sich. Selbst im Sommer brach die Zahl der Anfragen an IT-Freiberufler nicht ein. Quelle: Gulp