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Aufregung um krumme Geschäfte in Apples App Store

07.07.2010
Das musste einfach auffallen: Unter den 50 meistgekauften Büchern in Apples App Store für iPhones und iPads stammten auf einmal mehr als 40 von einem einzigen Entwickler.

Zeitgleich häuften sich Berichte von Nutzern über hohe Rechnungen für Käufe in dem Online-Marktplatz, von denen sie nichts wussten - zum Teil über mehrere hundert Dollar. Das "Wall Street Journal" berichtete sogar von einer Frau, die plötzlich 7000 Dollar für Apps für den neuen Tablet-Computer iPad bezahlen sollte. Ein Gerät, das sie gar nicht besitzt.

Laut Apple waren 400 der inzwischen rund 150 Millionen Kunden im Online-Store iTunes betroffen - ein Anteil von weniger als 0,0003 Prozent, wie der Konzern vorrechnete. Was genau passiert ist, bleibt jedoch unklar. Apple ist in der Kommunikation wie üblich zugeknöpft.

Klar ist soweit folgendes: Ein Entwickler namens Thuat Nguyen wurde von dem Konzern aus dem App Store herausgekickt - weil er gegen die Verträge mit Apple verstoßen habe, inklusive "betrügerischer Kauf-Modelle". Zugleich betonte Apple ausdrücklich, es sei nicht auf iTunes-Server eingebrochen worden, und die Entwickler bekämen auch keinen Zugang zu vertraulichen Nutzer-Informationen, wenn eine App heruntergeladen wird.

Andererseits empfiehlt der Konzern allen Kunden, ihr iTunes- Passwort zu ändern und bei Entdecken von Unregelmäßigkeiten ihre Bank zu kontaktieren. Mehr zu Details und Mechanismus der krummen Geschäfte erfuhr man am Mittwoch auch auf Anfrage nicht - zum Beispiel, ob unter den 400 betroffenen Kunden auch Nutzer aus Deutschland waren.

Die Geschichte leuchtet einen kritischen Punkt in Apples erfolgreichem Geschäftsmodell mit Programmen und Musik für seine Geräte aus: Es steht und fällt mit dem Vertrauen der Nutzer. Wer in Apples Multimedia-Supermarkt shoppen geht, hinterlegt bei dem Konzern seine Kreditkarten-Nummer. Für den Kauf von Apps oder Filmen reicht es dann, ein Passwort einzutippen. Künftig sollen Nutzer bei Einkäufen häufiger auch nach der Sicherheits-Nummer auf der Rückseite ihrer Kreditkarte gefragt werden, kündigte Apple an.

Der iTunes und der App Store sind für Apple von strategischer Bedeutung. Letztlich war genau dies das Neue, womit der Konzern von Steve Jobs den Handy-Markt revolutionierte. Mit dem Programm- Marktplatz für das iPhone ist das Handy endgültig kein reines Telefon mehr, sondern ein Multifunktions-Computer mit Spielen, Musik, einer Nachrichtenzentrale und vielen anderen Hilfsprogrammen. Es ist ein Milliardengeschäft.

Das App-Store-Modell hat sich in der Mobilfunk-Branche durchgesetzt. Die Allianz um das Google-Betriebssystem Android geht ebenfalls diesen Weg, auch Handy-Weltmarktführer Nokia versucht es, wenn auch mit überschaubaren Erfolg. Apple hat in diesem Wettbewerb bisher die Nase vorn: Mehr als 200.000 der kleinen Programme sind verfügbar, sie wurden inzwischen mehr als fünf Milliarden Mal heruntergeladen. Die meisten sind kostenlos, bei Bezahlprogrammen landen 30 Prozent der Erlöse in der Apple-Kasse.

Bisher warb Apple um das Vertrauen der Kunden auch damit, dass im Gegensatz zum Beispiel zum konkurrierenden Android-Marktplatz keine App ungeprüft auf die Kunden losgelassen werde. Das führte auch zu dem einem oder anderen Konflikt mit Entwicklern, die Apple zum Teil Zensur und Willkür vorwarfen oder zu lange Wartezeiten beklagten.

Apple-Chef Steve Jobs betonte kürzlich jedoch, 95 Prozent der Programme würden innerhalb einer Woche geprüft. Nach dem jüngsten Betrugsfall kommt nun die Frage auf, wie effizient ein solches Verfahren angesichts der stetig zunehmenden Software-Flut an Apples Schleusen sein kann. (dpa/tc)