Kolumne

"Aufhören, wenn´s am schönsten ist"

13.02.1998

Daß Dietmar Hopp nach zehn Jahren den Job als Vorstandsvorsitzender der SAP gegen den Chefsessel im Aufsichtsrat eintauschen will, ist normal. Wen kann es wundern, wenn einer, der sich lange für den Erfolg seines Unternehmens krummgelegt hat, jetzt öfter mal den Golfschläger schwingen will. Auch die Erklärung des 57jährigen, er möchte mit seiner Entscheidung den Weg freimachen für eine jüngere Führungsgeneration, zeugt von Weitsicht.

Doch trotz der vielen begeisterten Berichte über den Software-Star taucht die Frage auf, ob Hopp nicht getreu einer alten Maxime handelt und aufhört, wenn?s am schönsten ist. Schließlich dürfte es den Walldorfern sehr schwerfallen, die enormen Wachstumsraten des letzten Jahres fortzusetzen.

Von der SAP selbst stammt die Aussage, daß das Jahr-2000-Problem und die Umstellung auf den Euro im vergangenen Jahr starke Triebfedern ihres Umsatzwachstums waren. Allerdings werden die meisten Anwenderunternehmen diese Probleme spätestens Ende 1998 in Angriff genommen haben und große Softwareprojekte im Zweifelsfall zurückstellen. Das heißt, Geld und Ressourcen werden eingesetzt, um die Umstellung auf die Einheitswährung und vierstellige Jahreszahlen zu bewältigen. Ohnehin dürfte es für die Einführung neuer Standardsoftware vom Zuschnitt einer R/3 bereits Mitte 1998 zu spät sein, wenn sie bis Ende 1999 funktionieren soll.

Um trotz der so entstehenden Zeit-, Budget- und Personalengpässe zusätzliche Standardsoftware zu verkaufen, bedarf es wirklich starker Argumente. Das ab Sommer 1998 lieferbare Release 4.0 von R/3 wird wohl trotz zahlreicher technischer Verbesserungen und dem erstmals möglichen Einsatz von Einzelmodulen als Anreiz allein nicht reichen, um ähnliche Zuwächse zu erzielen wie im vergangenen Jahr.

Übrigens könnte dieses Phänomen nicht nur die SAP treffen. Die ebenfalls von enormen Zuwächsen verwöhnten Anbieter Baan, Peoplesoft oder J.D.Edwards dürften 1998 auch unter langsamer wachsenden Einnahmen aus dem Lizenzgeschäft zu leiden beginnen. Daß sie jetzt alle mit neugegründeten Outsourcing-Divisions versuchen, das Servicegeschäft zu stärken, kann durchaus als Beweis für ihre Angst vor einem nachlassenden Lizenz-Business gewertet werden.