Der Wandel des DV-Organisators (Teil 2)

Aufbau und Pflege einer strategischen Erfolgsposition

28.06.1991

Die Konflikte zwischen der IV-Abteilung und ihren Kunden, den Anwendern, bestehen seit der Zeit, als die ersten DV-Anlagen installiert wurden. Häufig hatte man den Eindruck, die Probleme in der Zusammenarbeit zwischen Fach- und EDV-Abteilung hätten sich abgeschwächt oder seien gar gelöst, doch bei genauerem Hinsehen stellte sich dann heraus, daß sich nur die Schwerpunkte verlagert haben.

Aufbauend auf Analyseergebnissen und ausgehend von besonderen Stärken der IV-Abteilung, wird die strategische Erfolgsposition (SEP) bestimmt (siehe Teil 1 in CW Nr. 25, Seite 25). In einem vorbereitenden Schritt ist zunächst unter Einsatz von Kreativitätstechniken zu ermitteln, welche Differenzierungs- beziehungsweise Alleinstellungsmerkmale die Abteilung hat. Danach erfolgt ein Brainstorming für mögliche strategisch günstige Erfolgspositionen. Die so entstandenen SEPs werden schrittweise bewertet und gefiltert:

- Prüfung, ob die SEP bereits durch Konkurrenz oder andere interne Abteilungen besetzt ist, zum Beispiel durch Systemintegratoren,

- Prüfung, ob der unmittelbare Zusammenhang mit dem Tätigkeitsgebiet zweifelsfrei gegeben ist,

- Prüfung, ob über die SEP ein Konsens herbeigeführt werden kann. Eine SEP, die nicht die Zustimmung aller Beteiligten findet, muß sofort wieder verworfen werden.

Zur Sicherung der SEP wird dann ein System von Subzielen entwickelt, das auch die langfristigen und die Rahmenziele des Gesamtunternehmens berücksichtigen kann, aber nicht muß. In der Praxis hat sich gezeigt, daß ein optimales, eigenständiges Subzielsystem eines internen Bereichs nicht im Widerspruch zum Gesamtzielsystem steht. Die Subziele können sich, wie in Abbildung 3 beispielhaft dargestellt, auf die unterschiedlichsten Bereiche beziehen, zum Beispiel auf:

- Leitbild oder Selbstverständnis der IV-Abteilung, also auf Abteilungskultur, Abteilungskommunikation und Erscheinungsbild,

- Dienstleistungsziele, das heißt auf Leistungsprogramm, Zielgruppenpriorität, Kundenorientierung, Wachstum, Innovation und Qualität sowie Kooperation,

- Führungsziele, also Personalführung und -entwicklung, Führungsgrundsätze, Führungsorganisation sowie

- Finanzziele.

Bei der Festlegung der Subziele muß darauf geachtet werden, daß nicht Maßnahmen statt Ziele definiert werden.

Für jedes die SEP absicherndes Subziel ist ein Maßnahmenkatalog zu erarbeiten. Jeder Maßnahme werden Verantwortliche (Direktverantwortlicher

und "Pate"), Realisierungszeiten und Kontrollstrategien zugeordnet. Ein weiteres Maßnahmenpaket bezieht sich auf den Marketing-Mitteleinsatz für die einzelnen Zielgruppen, entsprechend der im Analyseteil festgelegten Strategien.

Hier geht es in den meisten Fällen zunächst um Maßnahmen, die zu einer Korrektur der bisherigen Strategie führen sollen. Aus den Erkenntnissen der Zielgruppenanalyse heraus werden dann die spezifischen neuen Strategien durch konkrete Maßnahmen ausgestalten. Für die praktische Umsetzung ist es von großer Wichtigkeit, bereits in diesem Planungsstadium die Machbarkeit der Einzelaktionen zu überprüfen. Die eigentlichen Engpaßfaktoren sind in der Regel die personenbezogenen. Daher müssen für jeden Verantwortlichen

- die bisherigen Aufgaben auf ihre Relevanz für die neue SEP und das Subzielsystem bewertet und die weniger wichtigen Aufgaben eliminiert,

- die individuellen Zeitbudgets auf bisherige und neue Aufgaben umverteilt und

- einzelne Aufgaben zurückgestellt oder anderen Mitarbeitern zugeordnet werden.

Bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Machbarkeit zeigt sich häufig, daß der vorgegebene Budgetrahmen nicht überschritten werden muß, da viele bisherige Aktivitäten eingestellt werden. Für die auf ihre Machbarkeit hin überprüfte und damit realistische Maßnahmenplanung kann dann ein Projektplan mit Realisierungszeiten und Verantwortlichkeiten festgelegt werden. Durch ein Fortschrittskontrollverfahren und eine festgelegte jährliche Fortschreibungsklausur wird die Umsetzung aller geplanten und eventuell korrigierten Maßnahmen sichergestellt.

Es empfiehlt sich, für die beschriebene Vorgehensweise drei Workshops mit allen Mitarbeitern der IV-Abteilung, sofern es nicht mehr als 20 sind, oder mit einer Auswahl der wichtigsten Mitarbeiter durchzufahren, die dann die Aufgabe haben, in sogenannten Infomärkten alle anderen Mitarbeiter zu informieren und einen Konsens über die im Workshop erarbeiteten Ergebnisse herbeizuführen. In vielen Fällen hat es sich als sehr nützlich erwiesen, auch Mitarbeiter aus den Fachabteilungen in das Strategieteam aufzunehmen.

Der Workshop wird von einem externen Unternehmensberater, der das Verfahren entwickelt und mehrfach für interne IV-Abteilungen durchgeführt hat, moderiert.

Diese Vorgehensweise bietet

folgende Vorteile:

- Nicht ein externer Berater, sondern die Beteiligten erstellen das Konzept, mit ihrer Kenntnis der Abteilungsgegebenheiten und der Beziehungen zu den Anwendern.

- Die Erstellung dauert nicht Monate, sondern nur einige, oft allerdings sehr arbeitsintensive Wochen.

- Das Konzept wird nicht am grünen Tisch geschrieben, sondern von den Betroffenen selbst erarbeitet. Damit entfallen die Durchsetzungsprobleme der traditionellen Vorgehensweisen.

- Nicht nur Analyse, sondern im gleichen Maße Zielsetzungen und operative Maßnahmen sind das Ergebnis der Arbeit im Workshop.

- Fortschrittskontrollsitzungen und Fortschreibungsklausuren garantieren die termingerechte Durchsetzung des Konzeptes.

- Das so erstellte Konzept gibt den Mitarbeitern klare Ziele und realistische, auf die wesentliche Stärke der Abteilung abgestimmte Maßnahmen vor.

- Neben der Lösung von Sachfragen werden auch Probleme auf der Beziehungsebene angesprochen.

Nutzen der gemeinsamen

SEP-Bestimmung

Der Nutzen der gemeinsamen SEP-Bestimmung und Maßnahmenplanung ist vielschichtig:

- klar herausgearbeitetes IV/IS-Profil und deutliche Alleinstellung gegenüber allen Wettbewerbskategorien,

- eindeutige Definition von Zielen und Konsens darüber in den bisher vielleicht eher diffusen Bereichen Abteilungsidentität, -management und -kultur, - Beteiligung aller Mitarbeiter, größere Identifikation; das Wissen aller wird genutzt und führt zu besseren Problemlösungen,

- Entscheidungssicherheit und gleichgerichtetes Vorgehen aller Mitarbeiter auf das gemeinsame, rational und emotional akzeptierte Ziel,

- vollständiger, terminierter und budgetierter Maßnahmenplan,

- Qualifikation der beteiligten Führungskräfte in den Bereichen Analyse, Zielsetzung sowie Planung und Kontrolle,

- hohe Akzeptanz und hoher Realisierungsgrad, keine Maßnahme kann versanden durch Projektverfolgung bis zur Erledigung.

In vielen Unternehmen wie auch in erfolgreichen internen Bereichen ist die SEP zum wesentlichen Bestandteil erfolgreicher Zukunftsbewältigung geworden.

Der Erfolg ist immer menschenbezogen, er wird von einem Team von Führungskräften und Mitarbeitern getragen, die den Willen haben, sich in einer schwierigen Umwelt zu behaupten. Das gemeinsame Erarbeiten der SEP ist dabei eine wesentliche Hilfe.