SAP

Auf Léo Apotheker wartet viel Arbeit

20.03.2009
Von  und
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany

SAP-Kunden müssen sparen

SAP hat auf die klammen Kassen seiner Kunden reagiert und sein Null-Prozent-Finanzierungsangebot verlängert. Die Offerte werde aller Voraussicht nach auch im zweiten Quartal bestehen bleiben, sagte SAPs Europa-Chef José Duarte. "Danach sehen wir weiter." SAP spüre aber trotz des schwierigeren Umfelds keinen wachsenden Preisdruck, wiegelt er ab. Das Geschäft sei genauso wettbewerbsintensiv wie in den vergangenen Jahren (siehe "SAP-Kosten senken").

"Keine schlechte Verhandlungsposition für die Anwender", meint Gartner-Analyst Hestermann. Trotz der Krise geht es den meisten Softwareanbietern gut: "Sie haben eine Menge Reserven angehäuft." Das sollten die Kunden in den Verhandlungen ansprechen, nach dem Motto: "Du hast ganz viel von dem, was ich momentan nicht habe - nämlich Geld."

Roadmap - was kommt nach ERP?

Zunächst muss aber klar sein, worüber verhandelt wird. Da könnte bei so manchem Anwender noch das eine oder andere Fragezeichen auftauchen, was die Roadmap von SAP betrifft. Zwar hat der Konzern mit seiner Zusicherung, den ERP-Kern in den kommenden Jahren stabil zu halten und Erweiterungen in Form von Enhancement Packages auszuliefern, seine Kunden beruhigt und ihnen die Angst vor aufwändigen Migrationen genommen. Die langfristige Perspektive bleibt jedoch rätselhaft. Auf der CeBIT sprach Apotheker von hybrider Business-Software, die Kunden entweder on Premise oder on Demand nutzen könnten (siehe "SAP will hybride Geschäftssoftware entwickeln"). Wie das aussehen soll, bleibt vorerst sein Geheimnis.

SAP muss aufpassen, dass die Anwender nicht wieder den Anschluss verlieren. Bereits mit ihrer SOA-Strategie waren die Walldorfer vielen Kunden davongeprescht. Nach Einschätzung von Gartner-Analyst Hestermann haben zwar viele Anwenderunternehmen das technische Upgrade bewältigt, von einer wirklichen SOA-Umgebung könne man allerdings bei den wenigsten sprechen: "Die nächsten Schritte fehlen noch." Viele Anwender wirkten derzeit wie von SAP getrieben, meint auch Raad-Research-Analyst Christian Wieland. Offensichtlich sei SOA komplexer, als sich Anwender und Anbieter das vorgestellt hätten. Erst allmählich fangen Anwender an, SOA-Funktionen der SAP-Umgebung in Projekten zu nutzen (siehe "Kali+Salz-Tochter Esco nutzt SAP-Web-Services für ein neues Kundenportal").

Hestermann zufolge wird die Komplexität der Systeme mit den Enhancement Packages, in denen Anwender bestimmte Funktionen aktivieren, nicht gerade kleiner. Er vermutet deshalb, dass SAP im Jahr 2011 oder 2012 eine Art Synchronisations-Release herausbringen wird, in dem alle bis dahin veröffentlichten Erweiterungspakete zusammengefasst werden. Darüber hinaus sei zu erwarten, dass SAP seine Lösungen weiter in Richtung Software-Services und Cloud Computing trimme. SAP muss zusehen, seine Kunden bei der Stange zu halten, denn die Konkurrenz schläft nicht. Den Experten zufolge ist der Hersteller bei seinen Kunden zwar nach wie vor fest verankert. Vor allem in Konzernen und dem gehobenen Mittelstand sei das Standing nach wie vor gut, sagt PAC-Analystin Thorenz. Allerdings bekommt dieser Sockel Risse. Wenn Kunden früher automatisch neue Business-Software bei SAP eingekauft haben, schauen sie sich heute verstärkt auch nach Alternativen um. Dazu kommt, dass SAP in weiten Teilen des Mittelstands als teuer verschrien ist. Dem entgegnet der Konzern, dass der Absatz der eigenen Mittelstandslösungen derzeit gut laufe.

SAP macht Dampf im Mittelstand

Auch wenn die SAP-Verantwortlichen mit Business ByDesgn gehörig ins Stolpern geraten sind, laufen die anderen Mittelstandslösungen den Konzernangaben zufolge gut. 64.000 der insgesamt 82.000 SAP-Kunden weltweit kämen aus dem Mittelstand, berichtet der für dieses Segment verantwortliche Hans-Peter Klaey. Damit liege der Anteil der kleinen und mittelständischen an der SAP-Klientel bei 78 Prozent. Ende 2008 hätten 13.450 Unternehmen Business All-in-One eingesetzt, 22.600 Firmen "Business One".

Weitere 6000 Kunden arbeiteten mit anderen SAP-Lösungen und rund 22.000 Mittelstandskunden seien mit der Übernahme von Business Objects zu SAP gekommen. Klaey zufolge laufen die Geschäfte gut. Allein im vergangenen Jahr habe SAP rund 10.000 neue Mittelstandskunden hinzugewonnen, 3000 davon allein im vierten Quartal. Allerdings sei die Marktsituation durch die Finanzkrise schwieriger geworden, räumt der SAP-Manager ein. Jedoch habe der Softwarekonzern schnell darauf reagiert und neue Angebote herausgebracht, beispielsweise um die Kunden bei der Finanzierung ihrer Softwareprojekte zu unterstützen.

Da der Markt im Großkundensegment weitgehend gesättigt ist, wird SAP versuchen müssen, sich beim Mittelstand durchzubeißen. Doch hier stehen die Walldorfer längst nicht allein auf weiter Flur. Andere Anbieter wie IFS, Lawson und Microsoft arbeiten mit Hochdruck an den eigenen Lösungen und können dem ERP-Branchenprimus an dieser Stelle durchaus Paroli bieten.