Auf der Wies'n

22.09.1989

Es würde zu weit führen, wollte Trauerwein an dieser Stelle zu erklären versuchen, warum das Münchner Bierfest mit dem Namen "Oktober" heuer bereits am Ersten desselben endet. Mit der "Systems", soviel ist klar, hat das nichts zu tun. Merke: Die Wies'n gibt sich nicht nur international, sie verdient dieses Attribut wirklich.

Einen sehr schönen Beweis fand Sebastian bei seinem Wies'n-Rundgang in einem der Bierzelte. Da gab es eine Speisenkarte, auf der geschrieben stand: "Emperor?s Nonsense with Apple Mush." Ein "Kaiserschmarrn", für Zugereiste: scrambled Omelett, dito Eierkuchen oder Palatham, aber bitte mit Apfelmus, wurde so auf Neuenglisch ausgelobt.

Brachte Sebastian sofort auf die Idee, daß sich derartige Re-Translations doch auch für Begriffe aus der Computerei eignen würden. Demnach stünde AS für "Insellösungen", nämlich "Archipel Solutions", "Xenix", sprich: "Sinix", für "Siemens-Datenverarbeitung", das heißt "so gut wie nicht vorhanden."

Das Festbier mag dann seine Wirkung getan haben. Als Nonsense-Schöpfung fiel Trauerwein nur noch der Name einer westfälischen Kleinstadt ein: Airborne. Aber der paßte irgendwie nicht in die Reihe.

Der Eintritt einer breiteren Basis kleiner und großer Hersteller von CIM-Komponenten in den Wettbewerb zur Befriedigung des Marktes ist möglich. Dadurch vergrößert sich das Angebot solcher Bausteine und die Kosten werden gesenkt. Die Bindung an einen Hersteller wird relativiert. Die Betriebssicherheit, das heißt die Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Wartbarkeit aller technischer Komponenten der integrierten Informationssysteme nimmt durch die Definition eng umgrenzter Aufgabenbereiche und definierter Schnittstellen zu, weil Komponenten so leichter produziert, besorgt und ausgetauscht werden können.

Den komplexen und umfassenden Aufgabenbereich integrierter Informationssysteme zu normen, stellt jedoch auch eine besondere Herausforderung für die Normung dar. Neue Konzepte und Vorgehensweisen sind notwendig, um zunächst Wissensstrukturen und deren Repräsentationen herauszubilden. Mit der Bildung von Referenzmodellen zur Definition von Funktions- und Informationsmodellen scheint ein gangbarer Weg gefunden zu sein.

In diesem notwendigen Geschehen dürfen wir einige Erkenntnisse nicht aus dem Auge verlieren: Wir müssen uns in der Standardisierung auf wenige grundlegende Merkmale begrenzen und nicht in Funktionen und Methoden hineingehen, die der weiteren Entwicklung unterliegen. Wir werden auch in Zukunft eine sehr vielfältige Welt problemangepaßter Hard- und Software, Datenbanken und Netzwerke haben.

Wenn wir über Standardisierung für Integration sprechen, müssen wir bedenken, daß sich letztlich Information auf Daten reduziert, es also um deren Speicherung, Transfer und Darstellung geht. Vielleicht ist der Vergleich mit Energieversorgungssystemen statthaft, bei denen auch nur wenige Merkmale wie Spannung, Frequenz, Stecker und Steckdose standardisiert sind, das noch nicht einmal international einheitlich, der jeweils notwendige Adaptionsaufwand hält sich aber in engen Grenzen.

Wenn wir CIM nur aus produktionstechnischer Sicht betrachten, ist es eine nächste größere Insel, die wir schaffen. Information und Kommunikation ist ein entscheidender Produktionsfaktor in jedem Unternehmen geworden, der dementsprechend ganzheitlich für die Firma und auch seine Beziehungen zur Außenwelt zu betrachten und zu gestalten ist. Dieses ist eine Aufgabe, die in die Verantwortung der Unternehmensleitung gehört.

Die Management-Verantwortung ergibt sich auch daraus, daß Information im Unternehmen und die dafür vorhandene, immer leistungsfähigere Technik nur ein Hilfsmittel sind, Ideen und Vorstellungen in Produkte und Leistungsangebot umzusetzen (technische Information) sowie aufgrund einer Anfrage oder Bestellung eine Leistung zu erstellen und zu liefern (organisatorische Information).

Diese Abläufe müssen heute aufgrund der geänderten Randbedingungen überdacht und neu gestaltet werden. Arbeitsinhalte, Entscheidungsstrukturen, Verantwortlichkeiten etc. sind zu ändern. Damit ist der Weg zur effektiven Integration nicht allein ein technisches Problem der Standardisierung, sondern sehr viel mehr eine soziale und organisatorische Frage in einem Unternehmen.

Zum Erfüllen des Unternehmenszweckes ist es gegenwärtig vor allem erforderlich, im Wettbewerb schneller und besser zu werden, als zum Beispiel die Reaktionsgeschwindigkeit auf Änderungen und Störungen zu erhöhen. Wir werden das nicht schaffen, indem wir nur unsere vorhandenen Strukturen und Abläufe durch Rechnereinsatz noch etwas zu verbessern suchen. Wir befinden uns insgesamt in einem Umbruch zu neuen Produktionsphilosopien .

Man muß davon ausgehen, daß nur durch ganzheitlich neue Lösungen, für die zunächst einmal, aufgrund der Lernprozesse und notwendiger Vorleistungen, ein Tal niedrigerer Produktivität und Wirtschaftlichkeit zu durchschreiten ist. Nur so wird aber langfristig ein nennenswerter zusätzlicher neuer Nutzen erreicht.

Dabei zeigt sich immer wieder, daß man mit Informationen und deren Daten genauso sparsam und gezielt umgehen muß, wie mit den Produktionsfaktoren Arbeit, Material, Kapital oder Energie. Je weniger Informationen neu und zusätzlich zur Erledigung einer Produktionsaufgabe zu verarbeiten sind, desto wirtschaftlicher ist der Ablauf. Diese Grunderkenntnis ändert sich auch nicht mit steigender Rechengeschwindigkeit und Speicherfähigkeit.