Audatex misst Wertbeitrag von Projekten

03.03.2006
Von Horst Höfflin
Der Dienstleister plant und kontrolliert seine Budgets mit Hilfe eines Projekt- und Portfolio-Management-Systems.

Wie geben wir unser Geld am besten aus?" Diese Frage hoffte die auf Abwicklungsprozesse bei Fahrzeugschäden spezialisierte Audatex-Gruppe beantworten zu können, indem sie Planung und Abwicklung ihres IT-Portfolios auf neue Beine stellte. Investitionssteuerung, Projekt-Management und die Anbindung an das Finanz-Reporting sollten unter einen Hut gebracht werden. Die Lösung für das integrierte Projekt- und Portfolio-Management wurde zunächst bei der Audatex Systems GmbH in Zürich umgesetzt.

Projektsteckbrief

Projektart: Einführung eines Portfolio-Management-Systems.

Branche: Dienstleister.

Zeitrahmen: Erste Erörterungen im November 2004, letzte Projektphase im Januar 2006 abgeschlossen.

Stand heute: im Maintenance-Modus.

Produkte: "Clarity" von Computer Assoicates.

Dienstleister: Contec-X aus München.

Ergebnis: Transparenz über den Wertbeitrag geplanter und laufender Projekte.

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Zielgerichtet in neue Lösungen investieren

Montagmorgen, Berufsverkehr: An einer Kreuzung übersieht ein Linksabbieger einen geradeaus fahrenden Pkw auf der Gegenseite. Die beiden Fahrer steigen nur leicht verletzt aus, aber ihre Fahrzeuge hat es schlimm erwischt. Der Fall wird an die Versicherungen gemeldet, Gutachter prüfen Art und Höhe der Schäden, bevor sich eine Werkstatt der demolierten Karossen annimmt. Auf derartige Abläufe hat sich die weltweit tätige Audatex-Gruppe spezialisiert.

Schadenserfassung und -kalkulation sowie die Kommunikation zwischen Versicherungsunternehmen, Sachverständigen und Werkstätten lassen sich heute weitgehend elektronisch abbilden. Audatex entwickelt seine Lösungen ständig weiter. Um zielgerichtet in neue Lösungen investieren zu können, überprüft der Dienstleister jedes einzelne IT-Vorhaben - und zwar über einen Zeitraum von fünf Jahren. Dazu nutzt er heute die Enterprise-Portfolio-Management-Lösung "Clarity" von Computer Associates (CA).

Im November 2004 setzte sich das Management der Audatex-Gruppe zusammen und beratschlagte, auf welche Weise sich so komplexe Themen wie Investitionsplanung, Budgetkontrolle, Szenarioanalysen, weltweites Projekt- und Ressourcen-Management wohl am besten integrieren lassen würden. Anders ausgedrückt, lautete die entscheidende Frage: "Wie bringen wir diese Kuh zum Tanzen?" Damit war der Codename des Projekts geboren: "Dancing Cow".

Früher kochte jedes Land sein eigenes Süppchen

Investitionsplanung und Budgetkontrolle waren für Audatex längst selbstverständlich, allerdings basierten sie bis dahin auf selbst programmierten Lösungen. Die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den Projekten ließen sich mit den vorhandenen Lösungen nicht ausreichend darstellen.

Insbesondere die länderübergreifende Steuerung von laufenden IT-Projekten bereitete Probleme, weil "jedes Land sein eigenes Süppchen kochte", wie Ralf Hersel, Head of Business Analysis bei Audatex Systems in Zürich, es ausdrückt. Die Projektleiter führten nicht nur ihre eigenen Listen und Tabellen, sondern die Einträge waren häufig auch inkonsistent. Zudem stellte die dezentrale Ablage ein Hindernis für den vollständigen Überblick über die Investitions- und Projektlandschaft dar. Es gab also Handlungsbedarf.

In der Evaluierungsphase prüfte Audatex fünf verschiedene Portfolio-Management-Lösungen und recherchierte in den Marktanalysen von Gartner und Meta Group. Die beiden am besten bewerteten Softwarepakete unterzog das Projektteam - bestehend aus Mitgliedern der Führungsebene, des Controllings und der IT-Abteilung - dann einer genauen Prüfung. Nach einwöchigem Test entschied sich das Unternehmen schließlich für das CA-Tool Clarity.

Wie Hersel erläutert, hoffte Audatex, mit der CA-Lösung sein Auftrags-Management und die Definition seines Portfolios ohne allzu große Anpassungen exakt abbilden zu können. Zudem sprach für dieses Produkt auch das implementierte Szenario-Management, das Audatex als den Dreh- und Angelpunkt für eine zuverlässige Bewertung seiner Entwicklungsvorhaben betrachtete.

Die Bewertung der Vorhaben rangiert vor der Steuerung

Bei der Implementierung ging das Unternehmen top-down vor - in vier Phasen. Im Vordergrund stand dabei die Bewertung der Vorhaben, erst dann folgte die Steuerung auf der Projektebene. "Auch beim Projekt-Management interessiert uns das Controlling mehr als die Abwicklung", so Michael Odermatt, Leiter Controlling bei der Audatex Holding: "Wichtig ist der Blick aufs Ganze, die Beziehung zu anderen Projekten und das zuverlässige Einhalten der Meilensteine."

Bei der Tool-Evaluierung, Implementierung und Schulung ließ sich Audatex von dem Münchner Unternehmen Contec-X unter die Arme greifen. Es hat beispielsweise die firmeninternen Attribute für das Portfolio-Management zusammengestellt. Die Konfiguration des Systems, die Erstellung neuer Analyse-Portlets und die Bereitstellung der Investitionsdaten waren im Juli 2005 abgeschlossen.

In der zweiten Phase - genannt "Project Management" - überspielte Contec-X die bisherigen Projektübersichten in Clarity und startete mit dem Training aller an der Projektleitung beteiligten Mitarbeiter. Seit Ende August 2005 läuft die Projektsteuerung vollständig mit der Portfolio-Management-Lösung.

Im November 2005 stand der Abschluss der dritten Projektphase "Financial Reporting" auf dem Programm. Seither können alle Audatex-Ländergesellschaften ihre Kosten und Umsätze in Clarity konsolidieren. Zu diesem Zweck hatte Contec-X bereits im Frühjahr 2005 eine Schnittstelle zum hauseigenen Financial-Reporting-System eingerichtet.

Die letzte Phase "Reporting Actuals" sah die Erfassung der Entwicklungskosten auf Projektebene vor. Am 31. Januar 2006 wurde der Schlussstrich darunter gezogen. Derzeit arbeiten etwa 200 Mitarbeiter aus Controlling, Projektleitung und Projektbüro mit Clarity. Zunehmend nutzen auch Mitglieder des Managements die Lösung, um sich aktuelle Charts oder Tabellen zur Investitionslage anzeigen zu lassen.

Hohe Ausfallsicherheit und schnelle Antworten

Da die Verwaltung aller Investitions- und Projektdaten eine hohe Daten- und Ausfallsicherheit erfordert, läuft Clarity auf zwei redundanten Servern in einem Rechenzentrum in Zürich. Die Daten werden in Oracle-Datenbanken gehalten. Für kurze Antwortzeiten sorgen zwei DL380-Server von Hewlett-Packard.

Es sieht so aus, als ob Audatex die Kuh tatsächlich zum Tanzen gebracht hätte. Clarity liefert der Führungsebene - insbesondere dem CEO und dem CFO - heute unterschiedliche Bewertungsmöglichkeiten, die eine Entscheidung für oder gegen ein neues Projekt erleichtern.

Weil strategisch ausgerichtete Softwareprojekte den vorgegebenen Firmenzielen entsprechen müssen, sind die sechs wichtigsten Business-Ziele in der Lösung hinterlegt. Der integrierte Fragenkatalog ermöglicht es, bei jedem anstehenden Projekt den Wertbeitrag für das Unternehmen zu ermitteln und ihn mit den Evaluierungen anderer Projekte zu vergleichen. Anhand von Was-wäre-wenn-Szenarien wird untersucht, welche Realisierungs- und Marktchancen ein neues Vorhaben hat und in welche Forschungs- oder Entwicklungsprojekte am sinnvollsten investiert wird - beziehungsweise wo sich am ehesten Ressourcen kürzen lassen.

Doch dieses "Schaulaufen" findet nicht nur bei geplanten Projekten statt. "Die Budgetkontrolle hat auch bei laufenden Projekten höchste Priorität", erläutert Odermatt. Bei jedem Vorhaben werde regelmäßig geprüft, ob weitere Ausgaben und Zeitaufwände sinnvoll sind: "So erhalten wir eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage für die Frage, ob eine Investition zugunsten einer anderen aufgegeben werden sollte." (qua)