Neuer E-Business-Champ wird SAP und Oracle zu schaffen machen

Aspect-Kauf bringt I2 in die erste Software-Liga

17.03.2000
MÜNCHEN (CW) - I2 Technologies wird den auf Business-to-Business-Transaktionen spezialisierten Softwarehersteller Aspect Development im Rahmen eines Aktientauschs für 8,6 Milliarden Dollar übernehmen. 344 Millionen Dollar ist I2 darüber hinaus der Kauf des kalifornischen Lieferketten-Spezialisten Supplybase Inc. wert.

Mit I2 und Aspect kommen zwei dominierende Entwickler von Online-Marktplätzen zusammen. Stimmen die Kartellbehörden zu, handelt es sich um die bisher größte Übernahme in der Softwarebranche.

Mit dieser Akquisition baut I2 seine Position im elektronischen Handel deutlich aus. Mit Aspect erwirbt der texanische Anbieter von Supply-Chain-Management-(SCM-)Software eine Firma mit ergänzenden Produkten und ähnlicher Strategie. Beide Partner müssen bezüglich ihrer jeweiligen Umsätze als eher kleine Unternehmen bezeichnet werden. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Aspect knapp unter 100 Millionen, I2 insgesamt 571 Millionen Dollar. Die gemeinsame Marktkapitalisierung beträgt aber rund 30 Milliarden Dollar. Das fusionierte Unternehmen dürfte für SAP und Oracle zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten für Internet-basierte ERP-Lösungen heranwachsen.

Aspect aus Mountain View, Kalifornien, stellt elektronische Produktkataloge auf Datenbankbasis her, die zusammen mit Business-Intelligence-Lösungen eingesetzt werden können. Das Datenmaterial liegt in katalogisierter Form mit Informationen zu den einzelnen Produkten vor. Aspect hatte kürzlich bekannt gegeben, das eigene Web-Katalogisierungssystem auch dem I2-Rivalen Commerce One zur Verfügung zu stellen. Diese Vereinbarung soll weiterhin Bestand haben.

Die Aspect-Anleger erhalten nach einem Aktiensplit für jeden ihrer Anteilscheine 0,55 Aktien von I2. Das bedeutet für die Aktionäre einen Aufschlag von 35 Prozent. Zirka 18 Prozent aller I2-Anteile befinden sich nach der Übernahme in Besitz der heutigen Aspect-Anteilseigner.

I2 und Aspect verbindet seit Oktober 1999 eine strategische Partnerschaft, in deren Rahmen beide Firmen gemeinsam eine Product-Lifecycle-Software entwickeln. Die Lösung, die I2s "Product Lifecycle Management" mit Aspects "E-Design" integriert, soll die gesamte Produktplanung, -entwicklung, -produktion und -vermarktung verwalten. Bereits im vergangenen Monat hatten beide Unternehmen eine Kooperation geschlossen, die vorsieht, dass Aspects Datenbank mit 17 Millionen Produkten von 7000 Herstellern in I2s E-Commerce-Lösung "Trade Matrix" eingebaut wird.

Trade Matrix ist eine Software für den Aufbau von Online-Marktplätzen. Der ursprünglich auf Supply-Chain-Management spezialisierte Anbieter aus Dallas hatte sie im vergangenen Herbst vorgestellt. Sie beinhaltet mehrere Programme und Kommunikationsstandards, die Industrieunternehmen helfen sollen, virtuelle Handelsplattformen einzurichten. Inzwischen hat I2 Konzerne wie Sun Microsystems und Honeywell als Kunden für Trade Matrix gewonnen.

Die Akquisition von Aspect ist nur einer der vielen Schritte von I2 auf dem Weg zu einem E-Commerce-Schwergewicht. Gerade erst verkündete IBM eine Allianz mit I2 und Ariba (siehe Seite 4).

Mit der jüngsten Übernahme dürfte I2 seinem Mitbewerber Manugistics einen schweren Schlag erteilt haben. Bislang lieferten sich beide Anbieter ein Kopf-an-Kopf-Rennen im SCM-Bereich.