Neue Werbekampagne soll angeknackstes Image retten

Ashton-Tate erhebt Software in den Rang von Kunstwerken

08.03.1991

KÖLN (zek) - Mit einem neuen Projekt versucht die deutsche Niederlassung des kalifornischen Software-Hauses Ashton-Tate, das angeknackste Image, das sie bei den Anwendern hat, zu verbessern. Motive, die einen künstlerischen Bezug zur Software herstellen, sollen vermitteln, daß auch Software eine Kunst ist und daß das Unternehmen einen neuen Weg gehen will.

In letzter Zeit hatte Ashton-Tate mit diversen Problemen zu kämpfen. Wie Deutschland-Geschäftsführer Wolfgang Schröder einräumte, war es eine der Hauptschwierigkeiten, einen guten und effektiven Service zu bieten. "Dieser Service", so Schröder, "war und ist schlecht." Deshalb hat man sich für ein neues Konzept entschieden. Die bisher vorhandene Hotline wird zum 1. April 1991 eingestellt, sämtliche Serviceleistungen werden auf sogenannte Service-Center übertragen. Diese sollen im gesamten deutschsprachigen Raum verteilt sein und mehr Nähe zu den Anwendern gewährleisten.

Probleme hatte Ashton-Tate auch mit seiner Position als ein Unternehmen, dessen Erfolg in erster Linie auf einem Produkt beruhte, nämlich dem Datenbankprogramm Dbase. Mit Dbase konnte das Unternehmen zwar einen Quasi-Industriestandard schaffen, der für gute Einnahmen sorgte, es fehlte aber an weiteren Programmen, die mit ähnlichem Erfolg im Markt positioniert werden konnten. Als dann auch noch die Dbase-Version IV 1.0 zu einem Desaster in Sachen Produktqualität wurde, kamen schwere Zeiten auf das Haus zu. Ende 1990 verließ Chairman Ed Esber das Unternehmen, ein neues Management mußte für eine fehlerfreie Dbase-IV-Version sorgen, die jetzt vorliegt.

Dazu kam dann schließlich noch eine Niederlage, die Ashton-Tate in einem Urheberrechtsprozeß hinnehmen mußte. Die Kalifornier hatten gegen den Hersteller eines Dbase-kompatiblen Produkts Klage erhoben, um zu verhindern, daß aus Dbase ein echter Industriestandard wird. Diese Klage wurde jedoch vom zuständigen Richter in der ersten Instanz abgewiesen, darüber hinaus wurde Ashton-Tate das Urheberrecht für Dbase abgesprochen (siehe CW Nr. 4 vom 25. Januar 1991, Seite 1). Das letzte Wort in diesem Urheberrechts-Streit ist zwar noch nicht gesprochen, der Dbase-Hersteller ist jedoch schwer angeschlagen.

Die deutsche Ashton-Tate-Niederlassung mit Sitz in Langen bei Frankfurt setz jetzt erst einmal auf eine neuartige Imagekampagne, bevor zur CeBIT neue Produkte vorgestellt werden. Nach den Worten von Schröder soll dieses neue Image auch neue Dimensionen in der Softwarewelt transparent machen. Da man bei Ashton-Tate Software-Herstellung offensichtlich als eine Art "Kunst" begreift, will man jedem Produkt eine Collage, denen man ebenfalls das Attribut "künstlerisch" verpaßt hat, zuordnen. 30 solcher Collagen hat eine Kölner Werbeagentur entworfen, sie sollen jetzt das neue Image der Ashton-Tate-Produkte repräsentieren. Branchenkenner sehen in diesem Versuch der deutschen Ashton-Tate-Niederlassung eher einen letzten Versuch, die nicht gerade rosige Lage zu verbessern. Ohne an der Substanz der Produkte etwas zu ändern, versucht man durch formale Ästhetisierung die Niederlagen in anderen Bereichen zu verschleiern.

Zunächst nichts Neues gibt es von den Produkten selbst zu berichten. Geschäftsführer Schröder deutete lediglich an, daß man demnächst eine Dbase-Version, die unter der Windows-Oberfläche läuft, ankündigen werde, außerdem sei eine Portierung von Dbase auf Unix geplant. Eine OS/2-Version des Datenbankprogrammes soll erst zu einem späteren Zeitpunkt herausgebracht werden. Weitere Ankündigungen sollen zur CeBIT folgen.