Fachkräftemangel? Von wegen

Armes Deutschland!

19.11.2010
Von Ute Hertzog
Ute Hertzog macht sich in einem bissigen Leserbrief Gedanken, wohin die Einstellungspolitik deutscher Unternehmen noch führen wird.
Foto: olly/Fotolia.com

Zurzeit wird in Deutschland wieder überall nach Fachkräften geschrien, vor allem auch in der Informatik. Einwanderer sollen es richten, bevorzugt werden dabei indische Programmierer. Wäre es nicht eine Lösung, das indische Ausbildungssystem einfach zu kopieren und damit viele fähige Leute auf dem deutschen Arbeitsmarkt unterzubringen?

Oder habe ich irgendetwas Wichtiges übersehen? Dieses Gefühl beschleicht mich, eine Diplominformatikerin (FH) und Master of Computer Science (also zweifach studierte Informatikerin) in der Blüte ihres Lebens mit zirka 20 Jahren Berufserfahrung als EDV-Organisatorin, Systementwicklerin, Consultant und anderen IT-Funktionen - nebenbei bemerkt mit sehr guten Sprachkenntnissen.

Auf meine gelegentlichen Bewerbungen in den vergangenen Jahren - wohlgemerkt auf Stellen, deren Anforderungen ich zu mindestens 90 Prozent erfüllen könnte - gab es nur Absagen. Woran liegt es? An meinem reifen Alter, das die kritische Grenze von 40 Jahren überschritten hat, schätze ich. Und da bin ich kein Einzelfall. Deutschland hat viel mehr Fachkräfte, als von den Tonangebenden zugegeben wird. Aber sie zählen nicht, denn es sind überwiegend Greise über 40. Dabei zeigt eine Studie von Professor Thomas Zwick von der Uni München eindeutig, dass über 50-Jährige genauso leistungsfähig wie ihre jüngere Kollegen sind.

Aber wollen wir doch einmal ganz ehrlich sein: Das Alter ist für viele Unternehmen gar nicht das Problem. Nein, diesen Menschen müsste man ja (tariflich) etwas mehr zahlen als den Jüngeren - oder den Billigkräften aus dem Ausland. Zwar haben die Älteren einen großen Erfahrungsschatz, dank dem sie auch kompetenter, zielorientierter und effizienter arbeiten als jüngere Kollegen. Aber dieses Wissen müsste ja besser vergütet werden.

Fazit ist also, man mag in diesem Land keine Leute einstellen, die älter als 40 sind. Und man mag auch nicht für gute Leistung bezahlen. Andererseits sind sich alle einig, dass die ungeliebten Über-40-Jährigen, die nicht mehr eingestellt werden, bis 67 arbeiten sollen. Unternehmen wollen Gewinne erzielen, indem sie Produkte an eben diese Leute verkaufen. Wie kann das funktionieren, wenn diese Menschen keine Kaufkraft mehr haben? Ich bin nur Informatikerin und damit volkswirtschaftlich eine Laiin, aber ich habe das ungute Gefühl, dass diese angestrebten Ziele kontraproduktiv sind. Armes Deutschland oder arme alte Fachkräfte?