Archives III mit IBM 32703780-Emulation:Tool für Softwareentwicklung und Test

08.10.1982

Mikros sind Notizbuchcomputer, intelligente Schreibmaschinen, die an den Arbeitsplatz des Sachbearbeiters gehören. Diese Behauptung ist richtig, sagt aber nicht alles über die Einsatzmöglichkeiten der Kraftzwerge aus. Mikrocomputer eignen sich nämlich, das erkennen immer mehr Programmierprofis in Großbetrieben, ausgezeichnet für Softwareentwicklung und Test im Dialog. Freilich ist nicht jeder Jedermann-Computer auch ein preiswertes Werkzeug für Softwareentwickler. Der Archives III jedoch verdient dieses Prädikat. Die CW-Schwesterpublikation "microComputerWelt" hat das Gerät getestet. Hier der Bericht, der in der "microComputerWelt" 7/82 vom 15. Juli 1982 erschienen ist.

Der Archives III (gesprochen "Arkeivs") ist ein konventionelles S-100-System auf Z-80-Basis. Das Betriebssystem ist das weitverbreitete CP/M in der Version 2.2 oder später. Der größte Vorteil dieses Systems liegt darin, daß durch die Verwendung dieses Betriebssystems eine sehr große Anzahl von Programmen zur Verfügung steht. Der Nachteil dieser Geräte liegt ohne Zweifel in der Hardware, die nicht mehr dem heutigen Stand der technischen Möglichkeiten entspricht.

Auf dem Mikrocomputermarkt erscheinen immer mehr Hersteller. Daß es dabei für den einzelnen laufend schwieriger wird, seine Produkte zu vermarkten, liegt auf der Hand.

Bestehen können auf Dauer nur solche Produkte, die sich durch Besonderheiten auszeichnen. Bei unserem Testgerät fiel es etwas schwer, solche Vorteile zu finden. Nur das größere Softwareangebot aufgrund der Verwendung von CP/M ist nicht der einzige Entscheidungsfaktor.

Hardware: Laut und ganz alltäglich

Der S-100-Bus ist eine mittlerweile genormte Zusammenfassung von 100 Leitungen, welche die einzelnen zusteckbaren Platinen untereinander verbindet. Das System läuft mit einer Z-80-A CPU und hat einen Arbeitsspeicher von 64 KB RAM. Auf dem grünen Bildschirm lassen sich in 25 Zeilen jeweils 80 Zeichen darstellen. Als Option gibt es einen Grafikzusatz.

Die einzelnen Modelle der Produktserie Archives unterscheiden sich hauptsächlich in der Massenspeicherkapazität. Unser Testgerät war mit einer Floppy mit 780 KB Kapazität und einer 5-MB-Winchesterplatte ausgerüstet. Der Einsatz einer solchen Winchesterplatte ist sehr zu empfehlen, da sich zum einen der Systemdurchsatz beträchtlich erhöht, zum anderen der Anwender bei größeren Datenmengen nicht laufend die Disketten zu wechseln

braucht. Das Problem der Datensicherung der Magnetplatte bleibt allerdings bestehen. Bislang wird über Floppies gesichert.

An Schnittstellen ist das System mit einer parallelen Druckerschnittstelle und einer seriellen RS-232-Schnittstelle ausgerüstet. Der eingebaute Lüfter sorgt zwar für anständigen Durchzug im System, allerdings auch für eine gehörige Portion Lärm. Wenn dieser Computer in einem Büro aufgestellt ist, könnte das ständige und permanente Brummen des Lüfters zum Nervtöter werden. Ganz besonders sind wir deshalb verwundert, da es heute technisch keine Schwierigkeit mehr ist, leise Lüftungssysteme zu konstruieren.

Die Tastatur ist über ein Spiralkabel mit dem Gerät verbunden. Sie ist eine reguläre ASCII-Tastatur, die um eine Reihe von Zusatzfunktionen erweitert wurde. Am oberen Rand der Tastatur befindet sich eine Reihe von frei programmierbaren Funktionstasten, 23 an der Zahl. Links vom Schreibmaschinenblock liegen die Tasten für die Cursorsteuerung, rechts der numerische Ziffernblock (deutsche Tastatur ist geplant).

Software: Quasistandard versus Altertum

Daß es sich bei CP/M um das am meisten verbreitete Betriebssystem für Mikrocomputer handelt, ist kein Geheimnis mehr. Daß dies leider auf Kosten der Systemperformance geht, ist dagegen weniger bekannt. CP/M kann die Möglichkeit der Hardware nur zu einem kleinen Teil ausnutzen, womit sich beim Benutzer Einschränkungen ergeben.

Der größte Vorteil von CP/M ist die fast unüberschaubare Anzahl von Programmen, die unter diesem Betriebssystem laufen.

So ist es auch beim Archives III. Unter dem Betriebssystem CP/M 2.2 stehen dem Anwender fast alle Programmsprachen zur Verfügung (MBasic, PL/ 1, Cobol und viele andere). An Anwendungssoftware sind da zum Beispiel WordStar für die Textverarbeitung oder das relationale Datenbanksystem MDBS III für die effektive Verwaltung von Daten.

Als Besonderheit bietet das System verschiedene Emulatoren für Computersysteme von IBM an. Dies sind das BISYNC-80/3780 oder das BISYNC-80/3270 Softwarepaket, die verschiedene IBM-Prozeduren emulieren. Durch die Anwendung dieser Softwarepakete läßt sich der Archives als Lowcost-Terminal mit lokaler Datenverarbeitungsmöglichkeit verwenden. Dies kann den Großrechner entlasten.

Die Einsatzmöglichkeiten dieses Computers liegen in der Softwareentwicklung, der Arbeitsvorbereitung und Übertragung von und nach Außenstellen, Transaktionsverarbeitung, Test im Dialog, dezentraler Vorortverarbeitung (zum Beispiel Lagerhaltung).

Für den Einsatz im Büro scheint dieses System nicht so gut geeignet, da es zum einen nicht den neuesten Erkenntnissen der Ergonomie entspricht (flache Tastatur, beweglicher Bildschirm und - wie gesagt - leiser Lüfter) und zum anderen vom Hersteller für andere Aufgaben konzipiert wurde.

Bei der Arbeit mit der Maschine hatten wir manchmal Probleme mit dem Floppylaufwerk. Dies soll nach Aussage der Vertriebsfirma lediglich eine Justierungssache sein, die durch den Transport aufgetreten ist. Mit der Magnetplatte gab es dagegen keine Schwierigkeiten. Mit Hilfe eines Backup-Programmes läßt sich die Magnetplatte (oder ein Teil davon) auf Disketten sichern.

Thomas Köther ist Redakteur der microComputerWelt.