"Arbeitszimmer" Systems

06.10.2006
Die Münchner Messemacher setzen auf eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre statt auf ein Massenspektakel.

Wenn Klaus Dittrich, Geschäftsführer der Messe München GmbH, an das Jahr 2000 denkt, kommt er ins Schwärmen. Stolze 3246 Aussteller füllten auf dem Höhepunkt der Dotcom-Ära die insgesamt 14 Hallen des neuen Messegeländes in München Riem. Das sei "eine absolute Ausnahme" gewesen, blickt der Messemacher zurück. Damals hätten sogar Zelte aufgestellt werden müssen, um der Nachfrage gerecht zu werden.

COMPUTERWOCHE auf der Systems

Redakteure der COMPUTERWOCHE werden auf der Systems Gesprächsrunden zu folgenden Themen halten:

In der ERP/CRM-Area, Halle A1, jeweils um 13 Uhr:

• 23. 10.: Open-Source ERP-Systeme: Zukunft für den Mittelstand?

• 25. 10.: Zufriedenheit von ERP-Anwendern;

• 26. 10.: Gebrauchte ERP-Software: Kostengünstig oder kriminell?

• 27. 10.: Software-Evaluation: Helfen Berater wirklich weiter?

Im Forum Mittelstand, Halle A3, jeweils um 13 Uhr:

• 24. 10.: E-Business im Mittelstand;

• 27. 10.: Outsourcing im Mittelstand.

Highlights für den Mittelstand

Rund drei Viertel der Messe- besucher entstammten im vergangenen Jahr dem Mittelstand, so der Veranstalter. Folgerichtig setzen die Münchner hier ihre Schwerpunkte. In Halle A3 befindet sich das Forum Mittelstand, in dem jeden Tag Programm zu Themen wie Prozessoptimierung, ERP und CRM, Kommunikation und Unternehmensführung geboten wird.

Ferner ist in Halle A4, Stand 32, die Musterfirma zu besichtigen. Dort sind "Lösungen zum Anfassen" zu sehen, außerdem stehen 60 Berater für eine kostenlose Erstberatung zu diversen Themen bereit. Wer sich gezielt zu bestimm- ten Problemen informieren möchte, kann sich am Eingang Ost zu einer "Guided Tour" einchecken und in einer Kleingruppe gezielt interessante Stände zu Themen wie Security, Mobile Working, CRM oder elektronische Post-/Rechnungseingangs-Bearbeitung ansteuern.

Hochglanz-Kongress

Der auf drei Tage angelegte Kongress Communication World (23. bis 25.10.) ist die Topveranstaltung zur Systems. Der Ausrichter hat den Kongress zweigeteilt in den "Mobile Summit" und den "The Next Generation Networks Summit". Der erste Teil beschäftigt sich mit Trends im Bereich Mobilfunk, der zweite mit Ethernet- und IP-basierenden Services und Infrastrukturen.

Angekündigt sind neben dem bayerischen Wirtschaftsminister Erwin Huber der Präsident der Bundesnetzagentur Matthias Kurth, T-Mobile-Boss René Obermann, der Ex-Microsoft- Geschäftsführer Jürgen Gallmann und viele prominente Vertreter der TK-Branche.

Weitere Kongresse auf der Systems sind die KnowTech zum Thema Wissens-Management (25./26. 10.), die Perspektive Open Source (24./25.10.), die Mobile Content Days (26./27.10.) und der IT-Rechtstag (26.10.).

Informationen zu den Systems-Kongressen finden Sie unter:

www.systems-world.de/id/ 28993/

Im Rekordjahr stürmten 147000 Besucher die Messe - im vergangenen Jahr kamen nur noch 58500. Der Besucherandrang ist seit dem Boomjahr kontinuierlich zurückgegangen. Die Ausstellerzahl dürfte indes im Jubiläumsjahr - die Systems begeht heuer ihren 25. Geburtstag - ähnlich wie im Jahr zuvor zwischen 1200 und 1300 Firmen liegen.

Immobilien nebenan

Trotzdem wird das Messegelände wohl ähnlich gut gefüllt sein wie im Rekordjahr 2000 - aber nur, weil parallel zur Systems die Gewerbeimmobilien-Messe "Expo Real" stattfinden wird. Eine Entscheidung der Münchner Messemacher, über die nicht alle Aussteller glücklich sind, wie Dittrich einräumt. Doch es ging nicht anders: Zur Fußball-WM war das Messegelände von der internationalen Presse in Beschlag genommen worden. Die Immobilienveranstaltung, die normalerweise im Sommer stattfindet, musste daher verschoben werden.

Dittrich zeigt sich im Gespräch mit der computerwoche trotz solcher Widrigkeiten zufrieden mit den Messevorbereitungen. Ob die Systems die Besucherzahl des Vorjahres wieder erreichen werde, vermöge er noch nicht abzuschätzen. Unternehmen kalkulierten ihre Messebesuche heute viel genauer als vor ein paar Jahren. "Früher gingen ganze IT-Abteilungen über die Messe, um sich zu informieren. Das hat sich grundlegend geändert", so der Manager.

Zahl der Firmen ist wichtig

Mittlerweile schickten Firmen nur noch ein bis zwei Personen, um Reisekosten und Aufwand möglichst gering zu halten. Allerdings seien diese Besucher nicht nur hoch qualifiziert, sondern auch entscheidungsbefugt. "Unser Erfolgskriterium ist die Zahl der vertretenen Firmen", so Dittrich. Diese habe in den vergangenen Jahren zugenommen.

Die Systems hat sich dem Veranstalter zufolge nach dem Platzen der Dotcom-Blase in mehrfacher Hinsicht neu aufgestellt. Als süddeutsche Regionalveranstaltung mit einem Einzugsbereich von rund 500 Kilometern liege die Messe im Herzen einer boomenden Region. Die Gäste kommen dem Messechef zufolge nicht nur aus Bayern und Baden-Württemberg, sondern auch aus Österreich, der Schweiz, Norditalien und den osteuropäischen Nachbarländern. Allerdings, so räumt Dittrich ein, sind Besucher- und auch Ausstellerzahlen aus dem Osten nur schwer zu kalkulieren. Je nachdem, ob staatliche Fördergelder zur Verfügung ständen, entschieden die Firmen dort, ob sie auf Gemeinschaftsständen in München vertreten sein wollten.

Trennung von den Medientagen

Bedauerlich ist aus Sicht des Veranstalters die Tatsache, dass in diesem Jahr ein Besuchermagnet wegfällt: der seit zwei Jahren zeitgleich veranstaltete Kongress "Medientage München". Er findet heuer bereits vom 18. bis zum 20. Oktober 2006 statt - eine Woche früher also als die Systems. In den letzten Jahren hatten die Medientage der Systems stets einen Hauch von Glamour verliehen. Immerhin gibt sich dort die Créme der deutschen Film- und Fernsehschaffenden ein Stelldichein. Ferner waren die Medientage zuletzt ein Garant dafür, dass zeitgeistige Themen rund um das Internet aufs Tapet kamen.

Doch die Veranstalter von Systems und Medientagen gingen nach der letztjährigen Messe getrennte Wege. Konkurrenzdenken hatte um sich gegriffen, zumal die Systems anfing, selbst verschärft auf Kongresse zu setzen, um so ihr Profil zu schärfen. Zum zweiten Mal findet im Rahmen der Messe etwa die "Communication World" statt, die in diesem Jahr dank des großen Zuspruchs im Vorjahr auf drei Tage gestreckt wird. Die Systems-Macher fischen hier im gleichen Gewässer wie die Medientage-Verantwortlichen: Mobilfunk und Kommunikation sind zu Kernthemen beider Veranstaltungen geworden.

Heute sieht Dittrich die Systems als "Arbeitszimmer" der Branche und nicht als "Schaufenster". Neben dem regionalen Fokus nennt er die kompromisslose Ausrichtung auf B-to-B-Themen als wichtiges Qualitätsmerkmal. Anders als die CeBIT machen die Münchner keine Zugeständnisse gegenüber der Unterhaltungselektronik. "Natürlich sehen wir, dass Informations- und Kommunikationstechnik sowie Medien zusammenwachsen", betont Dittrich. Die Konvergenz sei auch für die Systems wichtig - aber nur aus B-to-B-Sicht: In diesem Zusammenhang interessiere sich die Messe für Anwendungen, unternehmensrelevante Lösungen und Aspekte wie Sicherheit oder System-Management, weniger für das neueste "Hochglanz-Handy".

Experiment mit Vodafone

Die Gefahr, dass Hausmessen und Partnerveranstaltungen großen Messen wie der Systems auf Dauer den Rang ablaufen können, sieht Dittrich nur bedingt. "Wenn es darum geht, Neukunden zu werben, helfen solche Veranstaltungen nicht weiter", meint der Systems-Ausrichter. Gemeinsam mit Vodafone plane man in diesem Jahr ein interessantes Experiment: die Roadshow des Unternehmens wird in eine Systems-Beteiligung integriert. Der Mobilfunker wolle so Kunden- und Partnerpflege mit der Akquise von Neukunden verbinden. "Ob’s klappt, werden wir hinterher wissen", sagte Dittrich. (hv)