Rationalisierung im Speditionswesen

Arbeitsteilung zwischen Mini und RZ

19.09.1975

DACHAU - Werner Kickingereder, Leiter des Rechnungswesens der Bavaria Spedition in Passau, fühlt sich als Pionier: bei ihm wurde das erste, speziell für Speditionen konzipierte System "spedidatic 2000" installiert.

In dem System steckt ein waschechter Mikro-Computer, ein Intel 8008. Die Datic Electronic GmbH, Trier, kombinierte den Mini (4 bis 16 K-Byte) mit Floppies von Memorex (zwei Laufwerke), einem Bildschirm (16/64 Zeilen/Zeichen) und verschiedenen Druckern (Diabolo Hightype, Kugelkopf, Logabax LX 180) zu einem kompakten Datenverarbeitungssystem, das als Paket einschließlich Software für unterschiedliche Applikationen angeboten wird. Eine ist das Speditionswesen, Textverarbeitung/Editierung ein anderes, oder auch allgemeine Abrechnungs- und Buchhaltungsaufgaben.

Kooperation mit dem VRZ

Die Betriebssysteme wurden von Datic entwickelt, ebenso eine Basic-ähnliche Programmiersprache für die Anwendungssoftware.

Die Variante "spedidatic" wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Verkehrsrechenzentrum (VRZ), Frankfurt konzipiert. Das VRZ (IBM 370/165/2000 K) ist ein Service-Unternehmen für die Speditionsbranche. Der Grundgedanke war eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen Speditionsfirma und VRZ. So dient die "spedidatic" auf der Speditionsseite der Datenerfassung bei Abfertigung und Erstellung der Frachtpapiere. Datenträger ist die Floppy Disk. Erfaßt wird pro Lkw-Ladung. Die Frachtpapiere werden direkt ausgedruckt. Zusammen mit der Floppy begleiten sie den Lkw zur nächsten Speditionsfiliale. Dort kann die Floppy, entsprechend der Veränderungen in der Lkw-Ladung, auf einem anderen spedidatic-System fortgeschrieben werden. Die Auswertung der Daten erfolgt im VRZ Frankfurt, das für seine Kunden Kilometer- und Tarif-Berechnungen und die Fakturierung erledigt, aber auch periodische Statistiken erstellt.

DFÜ ist geplant

VRZ-Produktionsleiter Günter Schäfer (37), erläutert: "Wir konvertieren die Floppy-Daten auf Computerband. Andere Kunden liefern aber auch Lochstreifen oder Klarschriftbelege ab. Da die spedidatic-Systeme als Terminals eingesetzt werden können, planen wir für die Zukunft DFÜ über Wählleitungen mit automatischer Anwahl vom VRZ aus."

Die Voraussetzung dazu ist unter anderem eine genügende Anzahl von spedidatic-Installationen. Zur Zeit liegen 30 Bestellungen vor. Und das dreiviertel Jahre nach dem Start, - eine Zahl, die zu bestätigen scheint, was Werner Kickeringeder sagt: "Endlich eine vernünftige Lösung für unsere Probleme. Vorher kannten wir nur die manuelle Bearbeitung der Formularstöße. Jetzt sparen wir viel Zeit."

Dezentralisierte Intelligenz

Dabei ist die Bavaria Spedition nicht nur ein Pilotkunde, sondern auch ein Ausnahmefall. Hier übernimmt die Anlage durch Varianten im Standard-Programm auch zahlreiche Auswertungen selbst. Sie ist also ein echtes Datenverarbeitungssystem, nicht nur Datenerfassungs-Anlage. Unterschiedliche Varianten zum Grundthema Datenerfassung sieht das System aber sowieso vor.

Für die Standard-Hardware zahlt der Spediteur bei einer voll funktionierenden Grundausstattung mit 8 K knapp 50 000 Mark. Die Anwendungssoftware wird, auch bei individueller Anpassung, im "Päckchen" für 5000 Mark angeboten. Die Ausbaumöglichkeiten der Anlage - etwa durch Anschluß einer Festplatte mit 2,5 MB durch größere Arbeitsspeicher und schnellere Drucker, oder die Ergänzung um maximal drei zusätzliche Erfassungsplätze können diesen Rahmen erheblich sprengen.

Die Arbeitsteilung zwischen Spedition mit Datenerfassung und aktueller Datenverarbeitung einerseits, der umfangreichen, Auswertung im VRZ anderseits ist für die durchschnittliche Spedition betriebswirtschaftlich wichtig. Die meist mittelständischen Unternehmen können sich größere Eigen-Anlagen nicht leisten. Sie sind bei der harten Wettbewerbssituation aber auf Rationalisierung angewiesen.

Elmar Hertzog, Geschäftsführer der Internationalen Spedition Steffes & Co, bringt das auf eine einfache Formel: "Der Vorteil der Kombination von Kleincomputer und Rechenzentrum liegt darin, daß bei geringem Arbeits- und Kapitalaufwand trotzdem die Vorzüge einer großen EDV-Anlage genutzt werden können. Die erarbeitete spedidatic-Lösung bietet sich für die kleine und mittlere Spedition geradezu an."