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Arbeitsmodell im Umbruch: 80-Stunden-Woche ist den Spielemachern zuviel

10.03.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Auf der Game-Developers-Konferenz in San Francisco sprachen Branchenzugehörige der Videospiele-Industrie über Lebensqualität, die durch lange Arbeitszeiten verloren gehe. Die Diskussionsteilnehmer stimmten darin überein, dass der 12-Stunden-Tag eine stumme Vereinbarung in der Branche war, um den Terminplan eines Projekts einhalten zu können. Studien zeigen jedoch, dass Personen, die täglich zwölf Stunden an ihrem Arbeitsplatz verweilen mehr Fehler produzieren - das Plus an Produktivität wird durch das Minus an Produktqualität geschmälert.

Außerdem werden die Angestellten der Spieleindustrie immer älter, daher müsse man Wege finden, den Arbeitsplatz auch für 30- bis 40-Jährige noch attraktiv zu halten, so Clarinda Merripen von den Cyberlore Studios. Um veränderte Rahmenbedingungen für die Arbeitsplätze in der Spiele-Industrie zu schaffen, wurde eine Vereinigung - die International Game Developers Association - gegründet.

Auch dem Unternehmen Electronic Arts wird vorgeworfen, seine Mitarbeiter auszubeuten, indem Überstunden als Selbstverständlichkeit angesehen werden und sie nur geringe Arbeitgeberleistungen erhalten. Die Überstunden, die die Unternehmen im Silicon Valley von den Mitarbeitern stillschweigend fordern, werden durchwegs nicht ausbezahlt. Electronic Arts bricht diese "Tradition" nun und will endlich die Überstunden einiger Mitarbeiter entlohnen. Andere Zusatzleistungen wie etwa Gewinnbeteiligung kommen jedoch für diese Mitarbeiter nicht mehr in Frage. Das Unternehmen wies darauf hin, dass die Mitarbeiter ohnehin zahlreiche Vorteile hätten: ein firmeneigenes Fitness-Studio, ernährungsbewusste Cafeterias, und flexible Arbeitsstrukturen, die den Beschäftigten ermöglichen, sich eine Pause zu gönnen und die Video-Spiele-Automaten, Basketball-Plätze, Massagen- und Akkupunktur-Angebote wahrzunehmen.

Rusty Rueff, HR-Verantwortlicher bei Electronic Arts sieht das neue Arbeitsmodell als Startschuss für eine neue Mitarbeiter-Mentalität, bei der ständig auf die Uhr gesehen wird. Das Unternehmen hat seine Vorgehensweise im Projekt-Management nun geändert und feste Abgabefristen eingerichtet, um den Druck kurz vor Fertigstellung eines Videospiels zu reduzieren. Allerdings räumt die Firma ein, dass sie durchaus darüber nachdenken, Entwicklungsaufgaben auszulagern, wenn die Beschäftigten beginnen, zu viele Forderungen zu stellen.

Gina Neff, Professorin an der University of California in San Diego und Arbeitsmarktexpertin, steht den neuen Forderungen nach festen Arbeitszeiten skeptisch gegenüber, da der junge Technologie-Sektor damit einen Teil seiner Dynamik verliere. (iw)