Landesrechnungshof moniert stark fehlerhaftes System

Arbeitsministerium ringt mit seiner IT

21.12.2001
MÜNCHEN (jm) - Das Arbeitsministerium von Mecklenburg-Vorpommern steht offensichtlich vor einem Desaster: Der Landesrechnungshof (LRH) des norddeutschen Bundeslandes hat der Behörde von Arbeitsminister Helmut Holter (PDS) vorgeworfen, das "ungewöhnlich stark fehlerbehaftete Informationssystem für die Arbeitsmarktpolitik" könne nicht auf den Euro umstellen. Damit nicht genug: Der LRH-Jahresbericht zu den Mängeln liest sich wie der Albtraum eines IT-Verantwortlichen.

Wie das Wochenmagazin "Der Spiegel" in seiner jüngsten Ausgabe mit Bezug auf einen noch unveröffentlichten Prüfbericht schreibt, hätten die Beamten Holters bei der Beschaffung des Systems nicht nur "gegen elementare Normen des Vergabe- und Haushaltsrechts verstoßen". Vielmehr hätten sie es auch versäumt, "Organisationsuntersuchungen zur Schaffung optimaler Verwaltungsstrukturen sowie effektiver Arbeitsteilung" vorzunehmen.

Der Landesrechnungshof wollte auf Anfragen keine Stellung nehmen. Zu Prüfberichten äußere man sich grundsätzlich nicht. Allerdings hieß es gegenüber der COMPUTERWOCHE, im "Jahresbericht 2001" vom Juni 2001 habe man bereits auf erhebliche Probleme hingewiesen. Darin moniert der Landesrechnungshof, Schnittstellen zwischen dem Haushaltskassen- und Rechnungs-(HKR-)Wesen "Pro Fiskal" beim LRH einerseits und dem IT-Verfahren "Informationssystem für die Arbeitsmarktpolitik" (Isap) des Ministeriums für Arbeit und Bau (Arbeitsministerium) würden nicht funktionierten. Darüber hinaus habe man auch erhebliche sicherheitstechnische Mängel festgestellt.

Bei Isap handelt es sich um ein in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern bereits eingesetztes Programm, mit dem alle relevanten Daten vom Antragsverfahren über die Bescheiderteilung und die Haushaltsführung erfasst, bearbeitet und ausgewertet werden können. Die mit Hilfe von Isap berechneten Zahlungen werden über eine Schnittstelle zum HKR-Verfahren Pro Fiskal angeordnet.

Genau hier geht das Chaos in der Arbeitsbehörde los, das weit über die Probleme bei der Euro-Umstellung hinausreicht. Der LRH kritisiert unter anderem, dass das IT-Verfahren Isap beziehungsweise einzelne seiner Module nicht ordnungsgemäß freigegeben waren.

Die Kennworte für den Zugang zum Isap-Verfahren und über die Schnittstelle auch zu Pro Fiskal entsprachen nicht dem Sicherheitsstandard von Pro Fiskal und wurden auch nicht in bestimmten Abständen gewechselt.

Geradezu abenteuerlich klingt, dass laut LHR die Zugangs- und Zugriffskontrollen im Isap-Verfahren nicht gewährleistet waren, Zugänge und Zugriffe darüber hinaus nicht protokolliert wurden.

Ungewöhnlich liest sich ferner, dass der Softwarehersteller - eine Privat-GmbH - online uneingeschränkte Zugriffsmöglichkeiten auf alle Teile des Isap-Verfahrens besaß. Veränderungen der Dateien wurden nicht dokumentiert und waren somit nicht nachvollziehbar.

Erstaunlich klingt auch der weitere Vorwurf des LHR: In den über die Schnittstelle an Pro Fiskal zu übergebenden Auszahlungsdateien konnten alle Anordnungsfelder geändert werden. Der Zugriff auf diese Dateien war nicht hinreichend eingeschränkt. Die von Isap an Pro Fiskal täglich zu übertragenden Auszahlungsdateien waren weder durch Kontrollsummen abgesichert, noch wurden sie dokumentiert.

In einer Erwiderung an den LHR wies das Arbeitsministerium darauf hin, dass "bei der Einführung eines solch komplizierten Systems das Auftreten von Softwarefehlern unvermeidlich ist". Die Probleme seien "zwischenzeitlich geklärt". Wo dies nicht erfolgt sei, habe man "Maßnahmen zur Beseitigung von Fehlern oder zur Gewährleistung der Datensicherheit eingeleitet".

Pressesprecher Helfried Liebsch vom Ministerium für Arbeit und Bau wollte zu der "noch nicht abgeschlossenen Prüfung" nicht Stellung nehmen. Bezüglich des "Spiegel"-Artikels heißt es in einer offiziellen Verlautbarung von Liebsch, "die Umstellung auf den Euro im Arbeitsministerium befindet sich in der letzten Phase".