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Arbeiten im Mittelstand als Alternative

06.09.2012
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Die Trümpfe der Anwender

Gelegentlich gelingt es, IT-Freiberufler für eine Anstellung zu gewinnen. "Jüngst stieß ein Anwendungsentwickler zu uns, der auf Dialer spezialisiert ist, die automatisch Kunden anrufen", freut sich Neuenberg. Der Familienvater, Anfang 40, hätte das "dauernde Reisen sowie den nicht vorhersehbaren Wechsel zwischen Projektstau und Flauten satt" gehabt. Den Fokus auf ältere, erfahrene IT-Profis zu legen, scheint sich mittelständischen Firmen als lohnende Strategie anzubieten.

Hin und wieder schaffen es Anwenderfirmen sogar, erfolgreich im Absolvententeich zu fischen - und das tief in der Provinz. In Wolfertschwenden bei Memmingen ist der Sitz des Maschinenbauers Multivac Sepp Haggenmüller GmbH & Co. KG. Würde man den Nachwuchs an den Hochschulen fragen, wer den Namen schon mal gehört hätte, das Ergebnis wäre eindeutig. Fakt ist aber, dass das Unternehmen mit seinen etwa 30 IT-Fachleuten weltweit 60 Tochterfirmen betreut, wie IT-Leiter Wilfried Grewe versichert. Oft sei nur die Hälfte am Hauptsitz im Einsatz, der Rest irgendwo in der Welt. "Meinen Kollegen eröffnet sich ein breites Tätigkeitsfeld inklusive SAP, das kaum ein Dienstleister vorweisen kann."

Ein großes Spektrum an Aufgaben reizte die BI-Spezialistin Delia Arpogaus, als sie sich für den Mittelständler Mutlivac entschied.
Ein großes Spektrum an Aufgaben reizte die BI-Spezialistin Delia Arpogaus, als sie sich für den Mittelständler Mutlivac entschied.
Foto: privat

Von solchen Trümpfen ließ sich auch Delia Arpogaus, 29, beeindrucken. Nach ihrem Informatikstudium an der Fachhochschule Kempten, das sie mit Auszeichnung abschloss, startete sie 2007 ihre Berufskarriere bei einem im Allgäu ansässigen Messgerätehersteller. Ehe sie im April 2011 zu Multivac wechselte, arbeitete sie sich zügig ins IT-Controlling ein und mauserte sich so zu einer Expertin für Business Intelligence (BI).

Neben ihrer Aufgabe als Assistentin des IT-Leiters könne sie sich als Projekt-Managerin, die für Controlling und Compliance zuständig ist, täglich mit neuen Herausforderungen befassen, erläutert die junge Informatikerin. Warum sie nicht nach ihrer ersten Berufsstation zu einem Dienstleister gegangen ist, ein durchaus logischer Schritt? Ihre Antwort kommt schnell und lässt keinen Zweifel: "Mich reizt das große Spektrum aus Tätigkeiten, mit dem ein Anwenderunternehmen etwa ein Softwarehaus in den Schatten stellt. Dort hätte ich geringere Chancen, mich zu entfalten." Vor allem an Zertifizierungen ist Arpogaus interessiert.

Ob internationale Projekte, große Aufgabenvielfalt, viel Weiterbildung oder spürbare Erleichterung, Beruf und Privatleben zu vereinbaren: mittelständische Anwenderfirmen können sich durchaus behaupten im Wettbewerb um begehrte IT-Kräfte. Sie gehen vorurteilsfrei auf Ältere zu und sind zu Kompromissen bereit, indem Aufgaben auf den umworbenen Mitarbeiter zugeschnitten würden, erläutert Personalberater Breiski. Unterm Strich müsse es gelingen, dass sich die Mitarbeiter wohl fühlen. "Mein Arbeitgeber gibt allen Kollegen und mir das Gefühl, dass wir gleich wichtig sind", sagt Halmans von Ista. "Das schätze ich als IT-Experte im Alter von Ende 40 ganz besonders."