Applikationen sind noch Mangelware Politik muss dem Information Superhighway den Weg ebnen

17.11.1995

AMSTERDAM (pg) - In Planung und Ausbau des globalen Information Highways muss noch viel Arbeit gesteckt werden. Die groessten Defizite liegen in der Regulierung, Sicherheit sowie bei den Inhalten. Zu diesem Ergebnis kamen Experten auf dem Kongress "The Information Superhighway", der von Euromanagement in Amsterdam veranstaltet wurde.

Der Information Superhighway verkoerpert derzeit international nur ein Stueckwerk aus unterschiedlich schnellen Infrastruktursegmenten, die haeufig lediglich den schon oft zitierten Namen "Feldwege" verdienen. Darueber bestand bei den Referenten der Veranstaltung weitgehend Konsens. Lediglich die Vertreter der Carrier waren in diesem Punkt anderer Ansicht. "Jeder denkt bei Information Super- highway gleich in Gigabit- Kategorien", kritisierte Joachim Claus, im Vorstand der Telekom AG fuer Forschung und Entwicklung verantwortlich, die hohe Anspruchshaltung.

Nach Meinung des Managers ist es das wichtigste Ziel, mit der Datenautobahn eine Infrastruktur bereitzustellen, die Informationen an jeden Platz liefert. Mit ISDN existiere in Deutschland ein Netz, das dieses Kriterium erfuelle. "Wir haben in Europa die Technik und Infrastruktur. Was uns fehlt, sind die Applikationen", verteidigte Claus in der Diskussion die europaeischen Netzbetreiber. Ueber ATM als spaeter einmal weltweit gueltigen Transportdienst auf dem Information Highway waren sich die Fachleute in der hollaendischen Hauptstadt einig.

Doch nicht nur in puncto ATM, sondern auch in Sachen Systeme, Produkte, User Interfaces und Services wurde der Ruf nach mehr Interoperabilitaet als vorrangigstes Kriterium auf dem Weg zur globalen Infobahn laut.

Harmonisierung der Spezifikationen gefordert

Nur eine Harmonisierung der mannigfaltigen Spezifikationen koenne die Entwicklung sinnvoll vorantreiben. In der Pflicht stuenden dabei vor allem Standardorganisationen sowie Regierungen.

Marshall Phelps, Vice-President Intellectual Property und Licensing Services der IBM, richtete an die Regierungen ferner die Botschaft, den Superhighway nicht durch Streichung von Forschungsgeldern zu gefaehrden. Anwendungen und Inhalte koennten nur durch Foerderung von Projekten sowie die enge Zusammenarbeit von Industrie und Politik rasch generiert werden. Aufgabe der Politiker sei ferner, Maerkte durch Deregulierung zu oeffnen, den Schutz des geistigen Eigentums zu gewaehrleisten sowie einer grossen Zahl von Interessenten den Zugang zur Infobahn zu garantieren.

Ein grosses Manko der Datenautobahn, naemlich die unzureichende Sicherheit, wird gegenwaertig im Internet - mangels Alternativen derzeit das Synonym fuer den Information Highway - sichtbar. Die professionelle Nutzung der Infobahn ist fuer Unternehmen nach Ansicht der Experten noch stark mit Risiken behaftet. Als Beispiele wurden hier Datenverluste bei Uebertragungen sowie der unbefugte Zugriff auf Informationen genannt.

Ein grosses Fragezeichen steht ausserdem noch hinter der Akzeptanz seitens der Anwender.

"Wir wissen immer noch sehr wenig ueber den User und die von ihm gewuenschten Dienste", raeumte Tom Feige, President von Time Warner Cables Full Service Network, ein. Das Unternehmen fuehrt derzeit in Orlando einen Feldversuch mit 4000 Teilnehmern durch.

Problematisch sind aus Sicht der meisten Anwender auch die langen Reaktions- und Aufbauzeiten im Information Highway. Mehr als 60 Prozent der User verwenden noch Modems mit einer Uebertragungsrate von nur 2400 Baud. Doch selbst schnellere Modems sind nach Meinung der Experten zu langsam. Erst mit noch sehr kostspieligen ISDN- Anschluessen wuerden akzeptable Response-Zeiten erreicht.