XOpen-Konformität soll gesichert werden

Apples Sonderweg: Mitglied bei OSF und Unix International

28.09.1990

MÜNCHEN (hv) - Die kalifornische Apple Computer Inc., Cupertino, tanzt auf zwei Hochzeiten: Der PC-Hersteller ist sowohl dem Unix-Konsortium Unix-International als auch der Open Software Foundation (OSF) beigetreten. Auf diese Weise will sich das Unternehmen laut Pressemeldung einen "frühestmöglichen Zugang zu den Unix-Technologien" sichern.

Während sich die meisten großen Computerhersteller entweder zu der um AT&T und Sun entstandenen Unix-International-Organisation oder zur OSF, der Gegen-Gruppierung um IBM und DEC, bekennen, wählt Apple mit der Zugehörigkeit zu beiden Vereinigungen einen dritten Weg. Die Kalifornier wollen aus den Organisationen einen maximalen Nutzen ziehen: "Durch den Eintritt besteht die Möglichkeit, alle vorgeschlagenen Technologien zu prüfen und optimal mit den realen Bedürfnissen der Anwender abzugleichen", so der Wortlaut einer Presseerklärung.

"Andere Mitglieder sind als Unix-Hersteller emotional in den Gremien engagiert" - Uwe Falck, Produktmanager für die Macintosh-II-Familie nennt den Grund, warum wichtige Mitbewerber nicht die Möglichkeit haben, beiden Organisationen beizutreten. Apple beabsichtige, eine neutrale Stellung einzunehmen und sich bei der Entscheidung für eine Unix-Variante - ob System V oder OSF1- an den Interessen der Anwender zu orientieren.

Von der Beteiligung an beiden Konsortien verspricht sich der PC-Hersteller einen optimalen Überblick über das verfügbare Unix-Angebot sowie einen leichteren Zugang zu den Produkten. Andererseits will das Unternehmen laut Falck sein Know-how in Form von aktiver Mitarbeit in beiden Gremien voll zur Verfügung stellen.

Derzeit basiert Apples Unix-Derivat A/UX 2.0 auf der AT&T-Unix-Lösung System V.2.2 mit den Berkeley-Erweiterungen 4,3. Außerdem sind in der Version die De-facto-Standards Berkeley Networking Services, das Network File System (NFS) von Sun sowie NIS - das frühere Yellow Pages - enthalten.

Apples Unix-Kunden arbeiten derzeit also mit einer Unix-Variante, die auf einem System V-Kernel beruht. Sollten die Kunden aber vermehrt nach einem Mach-Kernel fragen und sollte sich hier eine neue "Hauptströmung", erkennen lassen, so werden nach Einschätzung von Produktmanager Falck die PC-Hersteller auch hier neue Wege gehen. Als grafische Benutzeroberfläche unterstützt das Unternehmen neben der eigenen Macintosh-Schnittstelle sowohl das von Unix International empfohlene Interface Open Look als auch die Motif-Oberfläche von der OSF. Allerdings werden beide Produkte zunächst noch über Drittanbieter ausgeliefert.

Den relativ späten Zeitpunkt des Commitments zu den beiden Konsortien begründet Macintosh-II-Experte Falck damit, daß Apples Aktivitäten im Unix-Bereich noch relativ neu seien. Erst mit der Auslieferung vor A/UX 2.0 hätten die Anwender das Unix-Engagement des PC-Herstellers wirklich ernstgenommen.

Sichtbares Zeichen für die hohe Akzeptanz sei ein Großauftrag des amerikanischen Verteidigungsministeriums gewesen, auf dessen Grundlage bereits eine Menge Unix-Systeme geliefert worden seien. Um die eigene Unix-Produktpalette auf lange Sicht attraktiv zu gestalten will Apple die Richtlinien des X/Open-Gremiums einhalten.