Keine standardisierten Mac-Rechner unter dem Mac-OS 8

Apple schließt Clone-Anbieter wieder aus

12.09.1997

In der offiziellen Mitteilung schreibt Apple, man übernehme das Anlagevermögen von Power Computing im Wert von 100 Millionen Dollar in Apple-Aktien. Apple erwerbe damit das Recht, Mitarbeiter mit besonderen Kenntnissen in den Bereichen Direct Marketing, Distribution und Engineering zu übernehmen. Außerdem geht die Kundendatenbank in den Besitz von Apple über. Sie soll 200000 Adressen beinhalten. Insbesondere für das Aufsichtsratsmitglied Steve Jobs dürfte von Bedeutung sein, daß Apple durch den Deal die Lizenzrechte am Macintosh-Betriebssystem wieder zurückgewonnen hat.

Lizenzrechte waren Jobs ein Dorn im Auge

Power Computing wird noch bis Ende Dezember 1997 Mac-Systeme vertreiben, erhält für diesen Zeitraum sogar Lizenzrechte zum Vertrieb des Mac-OS 8.0. Danach wird sich das Unternehmen von Gründer und President Steve Kahng auf mit Intel-Prozessoren bestückte und unter Windows NT laufende Server sowie auf Wintel-Notebooks und Desktops konzentrieren.

Jobs, Graue Eminenz bei Apple, die alle Fäden in Händen hält, ist bekannt dafür, daß ihm die Vergabe von Lizenzrechten zur Nutzung und zum Vertrieb des Mac-OS immer ein Dorn im Auge war. Seit seiner Rückkehr in das kalifornische Unternehmen im Dezember 1996 vertrat er die Ansicht, daß die Lizenzvergabe an Unternehmen wie beispielsweise Power Computing, Umax und Motorola Apple nur Probleme bringe. Deshalb versuchte er, die seit 1994 gelockerte Lizenzierungspolitik Apples wieder stark einzuschränken.

Im wesentlichen betreibt der Mac-Hersteller jetzt wieder die Politik der "splendid isolation", der er in den 80er Jahren folgte. Zwar hat auch Umax mit Apple nun eine Lizenzvereinbarung für das neue Betriebssystem abgeschlossen. Derzufolge darf Umax allerdings das Mac-OS-Betriebssystem Version 8 nicht mit Systemen ausliefern, die konform sind zur Common Hardware Refe- rence Platform (CHRP).

Auch diese Entscheidung trägt deutlich die Handschrift von Jobs. Systeme, die der CHRP-Standardisierung entsprechen, wären in wesentlichen Punkten - etwa was Hardwarekomponenten oder zu unterstützende Betriebssysteme betrifft - identisch und somit vergleichbar. Apple hat immer versucht, die Verabschiedung dieses Standards hinauszuzögern und bis heute solche Systeme nicht selbst auf den Markt gebracht. Offensichtlich scheut Apple davor zurück, sich der direkten Konkurrenz von Clone-Anbietern auf einer vergleichbaren Plattform auszusetzen. In der Vergangenheit hatte sich immer wieder gezeigt, daß Apple-Systeme gegenüber Clone-Produkten technisch unterlegen sind.

Apples harte Lizenzierungspolitik hat Motorola dazu gezwungen, seine komplette Produktstrategie neu auszurichten. Das Unternehmen wollte am 17. September seine "Starmax-Pro-6000"-Systeme präsentieren. Hierbei handelt es sich um CHRP-konforme Mac-Clones mit dem neuen Apple-Betriebssystem. Motorola gab bekannt, man werde "die durch den Apple-Strategiewechsel geschaffene Situation mit Blick auf die Interessen der Motorola-Kunden neu beurteilen". Erste Gerüchte besagen, daß Motorola sich komplett aus dem Systemgeschäft zurückzieht. Bis Redaktionsschluß konnte das Unternehmen hierzu keinen Kommentar abgeben.