Sonderaktion war offensichtlich schlecht koordiniert

Apple kann Campus-Macs nicht wie geplant ausliefern

01.06.1990

MÜNCHEN (CW) - Die Sonderaktion der deutschen Apple-Niederlassung, preisgünstige Macintosh-Rechner für Schüler, Studenten und Lehrer anzubieten, wird immer mehr zu einer Zwickmühle für Apple. Nachdem die Geräte ursprünglich Mitte Mai hätten ausgeliefert werden sollen, hören jetzt die meisten Besteller, die Rechner seien erst Ende Juni verfügbar.

Ausgelöst wurde die Aktion nach Ansicht von Insidern durch einen Preiskrieg, den Atari angezettelt hatte. Atari hatte nämlich der Universität Bremen einen Posten Mega-ST-Rechner zu Sonderkonditionen angeboten. Apple-Deutschland wurde daraufhin bei der US-Zentrale vorstellig und beantragte, ebenfalls ein günstiges Angebot an die Bremer abschicken zu dürfen. Der zuständige Apple-Händler konnte daraufhin den gleichen Preis wie Atari ansetzen.

Um die anderen Händler aber nicht zu verärgern, tarnte Apple das alles als "Sonderaktion für Lehre und Forschung" (siehe CW vom 4. Mai 1990, Seite 29). Für Verärgerung sorgte dann der Umstand, daß nicht Apple selbst die zahlreichen Händler informierte, sondern sie aus einem Nachrichtenmagazin und durch Studenten von der Aktion erfuhren, die sich nach den Geräten erkundigten.

Mittlerweile können weder Apple noch die Händler genaue Angaben darüber machen, wie viele Rechner bestellt worden sind. In der irischen Apple-Fabrik war schließlich zu erfahren, daß rund 20 000 Macintosh-SE-Rechner bestellt worden seien und daß man sich große Sorgen über die zügige Produktion mache, da man bei der Planung für das Iaulfende Jahr nicht mit diesem Posten gerechnet hätte. Apple-Kritiker gehen davon aus, daß die Mehrzahl der Besteller jetzt tatsächlich länger als geplant auf ihre Macs warten müssen.

Für viele Studenten, die das Gerät zum Schreiben ihrer Examensarbeiten bestellt hatten, bedeutet das jetzt einen erheblichen Zeitverlust, von der Verärgerung nicht zu sprechen. Mitarbeiter der irischen Apple-Fabrik sagten außerdem, daß sich die Aktion mit den sogenannten "Campus-Macs" vermutlich zu einer Dauereinrichtung auswächst.

Schließlich wird in Zukunft niemand mehr bereit sein, für einen Mac SE, den Studenten und Dozenten für 2600 Mark bekommen, die regulären 7000 Mark hinzublättern.

Bei Apple-München will man von den Lieferproblemen nichts wissen. Apple-Sprecherin Renate Steinbeißer rneinte gegenüber der COMPUTERWOCHE, daß die Rechner wie geplant seit Mitte Mai ausgeliefert würden, der Rest sei Sache der Händler.