Unternehmens-Apps

App Wrapping - Konzept mit Zukunft oder falsche Fährte?

04.08.2015
Von   
Mark Zimmermann leitet hauptberuflich das Center of Excellence (CoE mobile) zur mobilen Lösungsentwicklung bei der EnBW Energie Baden-Württemberg AG in Karlsruhe. Er weist mehrere Jahre Erfahrung in den Bereichen Mobile Sicherheit, Mobile Lösungserstellung, Digitalisierung und Wearables auf. Der Autor versteht es, seine Themen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln für unternehmensspezifische Herausforderungen darzustellen. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeiten ist er Autor zahlreicher Artikel in Fachmagazinen.

Der Heilige Gral der mobilen App Sicherheit ?

So gut sich das Thema Wrapping anhört, so fragil ist es bei genauerer Betrachtung auch. Ob sich die mit der Implementierung verbundenen Aufwände lohnen muss jeder für sich entscheiden.

  • App Wrapping funktioniert ausschließlich für eigenentwickelte Apps, nicht für Original Apps aus den AppStores der Plattformbetreiber. Egal ob Apple's App Store , Blackberry World oder die Ange­bote von Micro­soft. Für kei­nen die­ser Stores funk­tio­niert App Wrapping, da die App Wrapping-Tech­nik sich nicht in den verschlüsselten mit DRM abgesicherten App-Auslieferungsprozess ein­klin­ken kann. Technisch ist dies jedoch problemlos bei Google's Play Store möglich, da die Verteilung dort nicht abgesichert erfolgt.

  • Neben der technischen Sicht ist auch der rechtliche Aspekt relevant. Soll Wrapping eingesetzt werden, müssen die Nutzungsbedingungen der Plattformbetreiber sowie der App-Entwickler beachtet werden. Dabei ist die Art und Weise wie das Wrapping funktioniert maßgeblich dafür, ob dies evenuell als zulässig einzustufen ist. Die Folge davon kann sein, dass der Anbieter einer App keine Unterstützung für Supportfälle / im Updateprozesse mehr anbietet.

  • Im Allgemeinen ist das Wrapping öffentlicher Apps höchst problematisch. In vielen Fällen, wie zum Beispiel bei kostenpflichtigen oder DRM geschützten Apps, ist es völlig verboten. Kostenlose Apps könnten sich in einer Grauzonen befinden, da sich diese in den AppStores oft ohne DRM-Verschlüsselung finden lassen. Suchen Sie auf jeden Fall juristischen Beistand und den Kontakt zum Anbieter bevor Sie das Thema Wrapping derartiger Apps in Erwägung ziehen.

  • Für Inhouse-Entwicklungen funktioniert Wrapping technisch auf allen Plattformen.

  • Seien Sie sich aber bewusst, dass es erhebliche funktionale und konzeptionelle Unterschiede zwischen den verschiedenen Konkurrerenzprodukten gibt. So unterscheidet sich Bluebox, welches in den USA auch die Möglichkeit des Wrappens von AppStore Apps anpreist, technisch von der Lösung der etablierten MDM Anbieter, die ihre Stärken im Gerätemanagement um die Flexibilität eines MAM erweitern wollen.
    Analysieren Sie daher im Vorfeld genau, auf welches Wrapping-Werkzeug Sie setzen möchten. Testen Sie die Lösung ausgiebig bevor Sie sie kaufen, viele Lösungen zeigen im praktischen Einsatz, im speziellen Umfeld, ihre Schwächen.

  • Die Anbieter unterscheiden sich aber auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel in der Unterstützung der Abwärtskompatibilität beziehungsweise der Geschwindigkeit, neue OS Versionen zu unterstützen. Auch wenn viele Lösungen bei neuen OS-Versionen noch technisch funktionieren, ist das Schutzschild löchrig. So boten zum Beispiel einige App-Wrapping Lösungen lange Zeit keinen wirksamen Schutz vor AirDrop, das mit iOS7 eingeführt wurde.

  • Ein nicht zu unterschätzendes Risiko ist auch die Herkunft vieler Anbieter von Container-Lösungen. Stammen diese aus den USA, muss ein besonderer Blick auf die Vereinbarung zur Verschlüsselung gelegt werden, da diese den amerikanischen Behörden offengelegt werden muss. Der Export von Kryptographie ist gesetzlich beschränkt.

Einsatzelder für App-Wrapping

Überall dort, wo ein mobiles Endgerät nicht unter Kontrolle des jeweiligen Unternehmens stehen darf (Endgeräte von Dienstleistern) oder soll (Endgeräte von Mitarbeitern) versucht App-Wrapping eine Lösung anzubieten. Da Geräte nicht zwei MDM-Systemen untergeordnet werden können, hört sich App-Wrapping als perfekte Antwort an.

Ein Blick in die Geschichte der mobilen Datenverarbeitung des Jahres 2005 kann jedoch bei der Bewertung dieser Ideen nützlich sein:
Im Jahr 2005 gab es eine technische Aufsatzlösung, die Exchange Konten auf den damals markt­be­herr­schen­den Nokia Endgeräten verfügbar machen wollte. Diese Lösung war für die Nutzer jedoch mit Einschränkungen in der Benutzung verbunden. RIM (heute BlackBerry) erkannte, dass die Benut­zung von PIM-?Daten auf den mobi­len Gerä­ten nativ integriert sein musste, um Erfolg zu haben. Auf dem Blackberry standen diese Daten schließlich nativ integriert zur Verfügung, wodurch sich RIM mit ihrem mobilen Blackberry-Angebot stark positionieren konnte. Dies war ein wesent­li­cher Grund für die Akzep­tanz und den Sie­ges­zug des BlackBerry-?Konzeptes und den Untergang der damals marktbeherrschenden Nokia Geräte im Unternehmensumfeld. 2007 wurde die Möglichkeiten der Benutzerzentrierung und -freundlichkeit weiter verstärkt, in dem das iPhone eine native Unterstützung für Exchange bot.

BYOD Konzepte gehen nun wieder einen Schritt zurück, quasi in die Zeit der Nokia-Geräte. Mit­ar­bei­ter haben den vollen Umfang der nati­ven Funk­tio­nen ihrer Geräte für ihre privaten Daten zur Verfügung. Parallel dazu haben sie Zugriff auf einen beschränkten Container auf App Wrapping Basis für ihre dienstlichen Vorgänge. Das Wrappen weiterer Apps macht diese zwar beispielsweise für die abgesicherte Bearbeitung von eMail Anhängen zugänglich. Diese sind jedoch meist abgespeckte Versionen dessen, was Anwender von Apps gewohnt sind.

Die Akzeptanz der Anwender solcher Wrapping Lösungen ist maßgeblich für deren Erfolg entscheidend, um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. So verlockend die BYOD Konzepte auch sind, wirft man einen Blick auf die Historie, darf man zweifeln, ob dieses Konzept wirklich Zukunft hat, wenn die Anwender es nicht annehmen.

Fazit

Wrapping hört sich zunächst nach der Lösung vieler Probleme an, vertraut man den Flyern der Anbieter. Dabei ähnelt die Bereitstellung von Wrapping-Lösungen einem Hase-Igel-Spiel in dem Wrapping-Anbieter die "empfundene" Unzulänglichkeit von Plattformen und Apps hinsichtlich Datensicherheit aufzuheben versuchen.

Neuere Versionen einiger populärer mobiler Betriebssysteme - insbesondere iOS - bieten von Haus aus eine hohe Sicherheit sowohl in der Datenhaltung als auch der Konnektivität, so dass ein Unternehmen seine Apps ohne den Einsatz von Wrapping Techniken sicher betreiben kann.

Ich kann den Einsatz von Wrapping nicht guten Gewissens empfehlen, die dabei eingekauften Flöhe sind ihrer zu viele. Die Investitionen sind besser in sicheren Geräte mit möglichst hohen Freiheitsgrad aufgehoben.

Verwenden Sie statt des nachträglichen Wrappings lieber ein SDK in der Inhouse-Entwicklung und greifen Sie sonst auf die Standards der jeweiligen, bei Ihnen im Einsatz befindlichen Plattform. Stellenweise ist es sogar kostengünstiger, Dienstleistern ein eigenes abgesichertes Endgerät gemäß eines PUOCE-?Konzepts (Private Use of Company Equipment) zu überlassen, als die Aufwände für Test und Auswahlprozesse für Wrapping-Lösungen einzugehen. Schauen Sie sich ausführlich die Möglichkeiten von iOS (ab Version 7), Knox 2.0 (Samsung) oder Android for Work (Google) an und bewerten Sie die evtl. noch vorhandene oder empfundene Notwendigkeit von App Wrapping anschließend neu. (bw)