Arbeitsmarkt

App-Entwickler: Höhenflug mit Tücken

20.06.2012
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.

Marketing-Apps werden weniger

Ein alter Hase der IT-Branche ist Johannes Eiseler, der heute als Projektleiter Mobile Solutions in einem Münchner Beratungshaus arbeitet. Seiner Meinung nach ist die Zeit der reinen Marketing-Apps bald vorbei, damit würden auch die Anforderungen an die App-Entwickler steigen. Laut Eiseler erwarten Anwender und Unternehmen mit jeder neuen Smartphone-Generation auch umfangreichere und ständig aktuelle Inhalte. "Um diese zur Verfügung zu stellen, muss der Entwickler in der Lage sein, Backend-Systeme und Prozesse anzubinden, die bisher nur intern im Unternehmen genutzt wurden", beschreibt er die Situation. Obwohl das Design bei professionellen Projekten mittlerweile nicht mehr von Technikern mitentwickelt werde, empfiehlt der Projektleiter ihnen dennoch ein gutes Auge, um die Vorlagen korrekt umzusetzen.

Eiseler und sein Team unterstützten zuletzt einen führenden deutschen Automobilhersteller bei der Entwicklung seiner App. Diese sollte das Auto sowohl orten als auch fernsteuern: Wenn ein Autofahrer in der Stadt parkt und sich nicht mehr an den Standort erinnert, zückt er nun laut Eiseler sein Smartphone und erfährt, wo sein Wagen steht. Darüber hinaus könne der Autofahrer per App die Hupe, Lichthupe und Standheizung betätigen - und die Tür öffnen. Eiseler ist überzeugt, dass diese Funktionen schon so manchen Streit zwischen Fahrer und Beifahrer vor einer Eskalation bewahrt haben.

Der Job ist überall dabei

Johannes Eiseler mag die Abwechslung an seinem Job: "Wir testen unsere Apps auch mal in der Straßenbahn."
Johannes Eiseler mag die Abwechslung an seinem Job: "Wir testen unsere Apps auch mal in der Straßenbahn."
Foto: Privat

Zu seinen Aufgaben als Projektleiter gehört es, mit dem Kunden zu sprechen und für die Umsetzung seiner Wünsche zu sorgen. Sehr spannend findet Eiseler, dass seine Mannschaft die Funktionen der App gemeinsam mit dem Kunden direkt an den Fahrzeugen testen konnte. Zwar arbeiten Softwareentwickler in der Regel noch immer am Schreibtisch, probiert werde jedoch oft "outdoor", denn auch der Anwender nutze die App später auf der Straße. Das gelte gerade für die Lokalisierungs-Funktionen (GPS). "Unsere Apps testen wir daher auch mal unterwegs im Auto, im Zug oder in der Straßenbahn", so Eiseler. Ihm gefällt, dass man in der App-Entwicklung seinen Job in der Hosentasche, also immer dabei habe. Darin liege aber auch der Nachteil: dass es für ihn keinen prinzipiell arbeitsfreien Raum gebe.

Wie sieht nun der Bedarf an App-Entwicklern aus? Dem Branchenverband Bitkom liegen hierzu keine Zahlen vor. Bitkom-Experte Tobias Arns nennt den Grund: "Es ist sehr schwierig zu erheben, woran Softwareentwickler arbeiten." Schließlich gebe es nur wenige Entwickler, die ausschließlich Apps programmierten.

"Ein Boom ist nicht erkennbar"

Mit Zahlen über den IT-Freiberufler-Markt kann noch am ehesten Gulp weiterhelfen. "Die Freelancer im Bereich Mobile Apps sind über alle Betriebssysteme hinweg gefragt, und der Bedarf steigt auf lange Sicht. Einen regelrechten Boom können wir aber nicht erkennen", erklärt Gulp-Sprecher Stefan Symanek. Im ersten Quartal 2012 seien in 0,9 Prozent der Projektanfragen, die über die Gulp-Server an IT-Freelancer verschickt wurden, Mobile-App-Spezialisten gesucht worden. "Dieser Wert sieht auf den ersten Blick niedrig aus, er muss jedoch in Bezug zur absoluten Zahl an Projektangeboten gestellt werden", erklärt Symanek. So gingen laut dem Gulp-Fachmann im ersten Quartal dieses Jahres insgesamt 46.518 Anfragen an IT-/Engineering-Selbständige aus allen Disziplinen ein. Zweites Argument: Durch die große Bandbreite der ITK-Skills erreichten nur wenige Aufgabenprofile zweistellige Prozentanteile an der gesamten Nachfrage. "Die Web-Programmiersprache PHP beispielsweise wurde im April in 2,7 Prozent der Projekte nachgefragt", gibt der Gulp-Manager zu bedenken.