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Strategiewechsel

AOL nimmt Nischen-Zielgruppen ins Visier

19.05.2008
Von pte pte
Der US-amerikanische Internetanbieter AOL hat seine Online-Geschäftsstrategie grundlegend umgekrempelt.

Der bisherige Plan, alle Dienste des Anbieters auf einem einheitlichen Portal zu bündeln, wurde anscheinend aufgegeben. Nun sollen stattdessen gleich mehrere jeweils auf ein bestimmtes Thema spezialisierte, kleinere Internetpräsenzen aufgebaut werden. Hintergrund des Strategiewechsels ist vor allem die schlechte wirtschaftliche Entwicklung des einstigen US-Internetgiganten im Online-Zugangsgeschäft. Um die sinkenden Umsätze in diesem Bereich besser ausgleichen zu können, will AOL künftig durch spezialisierte Webseiten verstärkt Nischen-Zielgruppen ansprechen. Diese sollen als "Passion Points" für bestimmte Themen dienen und durch ihren besonderen inhaltlichen Schwerpunkt mehr User anziehen.

"Der Konsumentenmarkt fragmentiert sich", wird Bill Wilson, Executive Vice President for Vertical Programming, in US-Medien zitiert. Der aktuelle Strategiewechsel sei als Reaktion auf diese veränderten Marktbedingungen zu sehen. Die Erfahrung der letzten Jahre habe deutlich gezeigt, dass Internetnutzer weniger Zeit auf den großen Portalen verbringen und zunehmend länger auf spezielleren Seiten verweilen. "Wir wollen den Menschen viele Eingangstüren anbieten, nicht nur eine", erläutert Wilson. Eine derartige Strategie sei zur Kundenbindung und -gewinnung heute einfach zielführender. "Wenn sich alles, was du tust, auf die Bindung deiner Kunden beschränkt, kann nicht von einem wachsenden Publikum besprochen werden", betont Wilson.

In den vergangenen Monaten hat AOL bereits eine Vielzahl solcher kleineren Plattformen im Internet gestartet. Mit dabei sind neben eher breiter angelegten Musik- und Sportportalen auch sehr spezielle Angebote wie die auf Independent-Musik spezialisierte Seite "Spinner" oder die Modeseite "StyleList". Jüngstes Beispiel der zukünftigen Geschäftsstrategie ist die vergangenen Freitag gestartete Info-Seite für Eltern "ParentDish". Auf dem Portal finden Interessierte neben redaktionellen Beiträgen von verschiedenen Experten und prominenten Gastschreibern rund um das Thema Elternschaft auch und eine Reihe nützlicher Social-Community-Funktionen. Für morgen, Dienstag, plant das Unternehmen zudem den Start der Plattform "The Boot" für Country- und "The Boom Box" für Hip Hop- und R&B-Musik. Bis zum Jahresende sollen laut eigenen Angaben noch rund zwei Dutzend neuer Webpräsenzen hinzukommen, darunter auch die Seite "BigDownload" für herunterladbare Videospiele.

AOL war in der Anfangszeit des Internets lange Zeit eine Großmacht, konnte seine Position am Markt aber nicht halten. Am Höhepunkt der Interneteuphorie im Jahr 2000 fusionierte das Unternehmen mit dem Film- und Medienkonzern Time Warner. Wegen des rückläufigen Internetzugangs-Geschäfts fokussierte AOL sich zuletzt zunehmend auf Online-Anzeigen nach dem Vorbild Googles. Doch das Ergebnis blieb enttäuschend: Der Umsatz im Werbebereich konnte gerade einmal um ein Prozent gesteigert werden. Einer der Hoffnungsträger von AOL ist das rein englischsprachige soziale Netzwerk Bebo, das der Konzern im März für 850 Millionen Dollar übernommen hat. (pte)