Nicht immer sofortiger Rauswurf angebracht

Anzüglichkeiten - vor Entlassung muss abgemahnt werden

02.08.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Auch bei einer Kündigung wegen sexueller Belästigung einer Mitarbeiterin ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.
Quelle: Fotolia, Bozworthington
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Nach einem soeben vom Landesarbeitsgericht Hannover veröffentlichten Urteil hat bei sexuellen Belästigungen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses - von Extremfällen abgesehen - regelmäßig eine Abmahnung vorauszugehen. Darauf verweist der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Frhr. Fenimore von Bredow, Leiter des Fachausschusses "Besondere Arten von Arbeitsverhältnissen" des VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hannover vom 13.10.2009, Az. 1 SA 832/09.

Der Fall

In dem Fall hatte ein langjährig auf einem Betriebshof einer Stadtverwaltung beschäftigter Gärtner gegenüber einer Leiharbeitnehmerin immer wieder sexuell anzügliche Bemerkungen gemacht, die schließlich ohne vorherige andere Maßnahmen, wie z. B. einer Abmahnung durch den Arbeitgeber, zu seiner Kündigung führten. Die hiergegen gerichtete Klage hatte auch in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Hannover Erfolg, betont von Bredow.

Die Rechtslage

Nach den in § 12 Abs. 3 AGG übernommenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hat bei sexuellen Belästigungen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses - von Extremfällen abgesehen - regelmäßig eine Abmahnung vorauszugehen. Sind mehrere Maßnahmen geeignet und möglich, die Benachteiligung infolge sexueller Belästigung für eine Arbeitnehmerin abzustellen, so hat der Arbeitgeber diejenige zu wählen, die den Täter am wenigsten belastet. Dies gilt umso mehr, wenn in der Dienststelle eine Dienstvereinbarung gilt, die gestufte Gegenmaßnahmen des Arbeitgebers für den Fall sexueller Belästigungen vorsieht.