DV-Personal-Management-Studie der COMPUTERWOCHE (Teil 4)

Anwender zeigen wenig Interesse an Mitarbeitern von HW-Firmen

13.11.1992

MÜNCHEN (CW) - Allen Unkenrufen zum Trotz - die deutschen Anwender und Anbieter von Informationstechnik melden weiterhin einen Personalbedarf an. Über 90 Prozent der rund 400 an der CW-Studie beteiligten Unternehmen haben in den letzten zwölf Monaten wieder DV-Mitarbeiter eingestellt oder gesucht. Rund 75 Prozent brauchen auch in den nächsten zwölf Monaten neue DV-Fachkräfte. Dies bestätigen sowohl die DV-Chefs als auch die Personalleiter.

Für die unmittelbare Zukunft sehen die Personalleiter sogar höheren Bedarf als ihre DV-Leiter-Kollegen; über 27 Prozent von ihnen meinen, daß ihr Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten mehr als sechs neue DV-Mitarbeiter braucht (im Vorjahr waren es noch fast 35 Prozent). Die DV-Leiter äußerten sich etwas vorsichtiger: Mehr als fünf Neue wollen 15 Prozent einstellen (in den zurückliegenden zwölf Monaten waren es noch über 22 Prozent).

Die unterschiedliche Einschätzung kann daher rühren, daß der Personalleiter auch den DV-Know-how-Bedarf außerhalb des DV-Bereichs im Auge hat. Es verwundert nicht, daß Unternehmen mit großen DV-Mannschaften mehr neue Leute brauchen als solche mit kleineren Teams.

Deutliche Unterschiede gibt es auch bei den verschiedenen Branchen: Alle an der Studie beteiligten Versicherungsunternehmen haben in den vergangenen zwölf Monaten DV-Mitarbeiter eingestellt; fast die Hälfte sogar jeweils mehr als zehn und über 80 Prozent mehr als fünf Personen.

Auch fast alle Beratungs- und Software-Unternehmen (96 Prozent) meldeten Personalbedarf. Über 40 Prozent engagierten jeweils mehr als zehn und über 55 Prozent mehr als fünf DV-Fachkräfte.

Die wenigsten Vakanzen hatten die Unternehmen des Maschinenbaus: Zwar stellten rund 78 Prozent neue Mitarbeiter ein, allerdings 46 Prozent davon nur einen oder zwei. Die Schwäche der elektrotechnischen und Elektronikbranche, zu der unter anderem die DV-Hardwarehersteller zählen, spiegelt sich auch in unseren Umfrageergebnissen. Wenn überhaupt eingestellt wurde, dann höchstens ein bis drei Personen (fast 60 Prozent).

Es überrascht nicht, daß sich daraus ein gewisser Personalmangel ergibt. Knapp 60 Prozent der elektrotechnischen und Elektronikunternehmen brauchen in den nächsten zwölf Monaten neue DV-Fachkräfte, davon mehr als die Hälfte höchstens zwei. Beim Maschinenbau schlägt die flaue Konjunktur auch auf den Personalbedarf durch: 62 Prozent der Unternehmen wollen zwar im kommenden Jahr neue DV-Mitarbeiter einstellen, aber die meisten nur einen oder zwei (43 Prozent) oder drei (13 Prozent). Beim Handel sieht es insgesamt nicht besser aus, allerdings scheint dort die Tendenz nicht so einheitlich zu sein.

Die Qualifikation gewinnt an Stellenwert

Die einzige Branche, in der alle an der CW-Personal-Management-Studie beteiligten Unternehmen auch für die Zukunft Neueinstellungen ankündigen, ist die Versicherungswirtschaft. Über 30 Prozent der Unternehmen brauchen jeweils mehr als fünf neue DV-Spezialisten. Zusätzliche Personalwünsche haben auch viele Banken (86 Prozent), jedoch sind es dort eher einzelne Ergänzungen oder Ersetzungen, denn fast 60 Prozent wollen nur jeweils einen bis drei Neue einstellen. Weiterhin Bedarf, der in der Höhe sehr stark variiert, haben auch die Beratungs- und Software-Unternehmen.

Wenn die Nachfrage nach DV-Personal quantitativ abnimmt, wird die Qualifikation der neuen Mitarbeiter immer wichtiger. Ein Symptom für die Anforderungen, die die personalsuchenden Unternehmen stellen, ist die Herkunft der neu eingestellten DV-Mitarbeiter. Die Studie hat eine klare Tendenz ermittelt, die unabhängig von der Unternehmensgröße und weitgehend auch der Branche ist. Die neu eingestellten DV-Mitarbeiter waren bei über der Hälfte der Befragten meistens zuletzt bei einem Anwenderunternehmen beschäftigt; in der Regel direkt von den Hochschulen kamen sie bei gut 40 Prozent. Überwiegend zuletzt bei einem Beratungs- und Software-Unternehmen waren die neuen Mitarbeiter bei gut einem Viertel der Unternehmen, und bei weniger als fünf Prozent kamen sie zum größten Teil von einem Hardwarehersteller.

Daß die Hardwarehersteller für die große Mehrzahl (80 Prozent) der DV-Anwender kein interessantes Reservoir für DV-Fachkräfte mehr sind, muß für die jetzt - infolge der Rationalisierungen - auf den Arbeitsmarkt drängenden Spezialisten aus den Hardwarehäusern eine bittere Erkenntnis sein. Am ehesten haben sie nach der vorliegenden Studie noch Chancen bei Beratungs- und Software-Unternehmen, von denen immerhin elf Prozent angeben, daß sie meist, und 35 Prozent, daß sie gelegentlich Mitarbeiter von Hardwareherstellern einstellen. Auch sie holen sich allerdings meistens die DV-Fachkräfte von den Anwendern oder von der eigenen Konkurrenz.

Die geringsten Chancen haben die ehemaligen Hardwaremitarbeiter bei den Versicherungen, von denen nur rund ein Viertel gelegentlich solche Fachkräfte einstellt. Wenn man direkt von der Hochschule kommt; bietet die Fahrzeugindustrie am ehesten Chancen.

Forscher haben schlechte Karten

Kein gutes Sprungbrett für eine DV-Position ist offensichtlich eine Tätigkeit in einem Forschungsinstitut, denn kaum eines der befragten 400 Unternehmen gibt an, daß seine neuen Mitarbeiter meist oder auch nur selten zuletzt dort beschäftigt waren.

Natürlich kommt es im konkreten Falle einer Einstellung noch auf ganz andere Qualifikationsmerkmale an, die sowohl im fachlichen als auch im persönlichen Bereich liegen. Zur Zeit ist jedoch unübersehbar: Je mehr neue Mitarbeiter ein Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten einstellen will, desto häufiger präferiert es Kandidaten von Beratungs-, Software- und Anwenderunternehmen.