Top 100 - Business Intelligence 2012

Anwender nehmen BI selbst in die Hand

25.09.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Anbieter von Business-Intelligence-Lösungen (BI) haben Hochkonjunktur. Unternehmen, die gute Geschäfte machen wollen, sind darauf angewiesen, ihre Daten im Griff zu haben und möglichst effizient zu handhaben. Doch im Zeitalter von Big Data braucht es dafür die richtigen Werkzeuge. Das lässt die Kassen der Softwarehersteller klingeln.

Im Fokus stehen derzeit Initiativen rund um den Kunden: Es gilt, Bestandskunden zu halten und neue Kunden zu gewinnen. Dabei müssen operative Aufgaben möglichst effizient abgewickelt werden. Das haben die Analysten von Gartner Anfang des Jahres im Rahmen einer groß angelegten Umfrage herausgefunden. Aus Sicht der über 2300 befragten CIOs geht es primär darum, das Wachstum anzukurbeln.

Diese Vorgabe von der Business-Seite bestimmt maßgeblich die Strategie der IT-Verantwortlichen und ihre technischen Prioritäten. Rund um Analytics und Business Intelligence findet eine intensive Auseinandersetzung mit Produkten statt. Dabei sehen die Firmen Analyse-Tools nicht mehr als isolierte Werkzeuge, sondern als Querschnittstechnologien, die zunehmend auch andere Softwaresegmente beeinflussen. Beispielsweise werden BI-Funktionen eng mit Software für das Supply-Chain- beziehungsweise das Customer-Relationship-Management verzahnt, um die entsprechenden Prozesse besser auf die Business-Ziele hin trimmen zu können.

Die größere Reichweite von BI schlägt sich auch in den entsprechenden Marktzahlen nieder. Im vergangenen Jahr setzten die Anbieter von BI-Plattformen, analytischen Applikationen sowie Performance-Management-(PM-)Software weltweit 12,2 Milliarden Dollar um. Das bedeutete ein Wachstum von 16,4 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Jahr. Im globalen Geschäft mit Enterprise-Software belegte dieses Marktsegment damit Platz zwei, was die Wachstumsraten anbelangt.

Die Unternehmen identifizierten BI, Analytics und PM heute als probates Mittel, um die wachsenden Daten- und Informationsfluten zu bändigen, interpretiert Dan Sommer, Principal Analyst von Gartner, das Ergebnis der Marktforschungen. Im Zuge der immer weiter ausgreifenden Digitalisierung, die Branche um Branche erfasse, sei dies auch dringend notwendig, um die richtigen Business-Entscheidungen zu treffen.

Aus diesem Grund steckten die IT-Abteilungen weiter Geld in den Ausbau ihrer Lösungen rund um Analysen und BI, obwohl es ansonsten nicht gerade rosig um die IT-Budgets vieler Firmen bestellt sei, stellt Sommer fest. Allerdings verändert sich die Art und Weise, wie Unternehmen mit BI-Investitionen umgehen und die entsprechenden Projekte betreiben. Statt langwierige und aufwendige Vorhaben über die IT-Abteilungen aufzusetzen, übernehmen mehr und mehr die Fachabteilungen selbst die BI-Initiative. Die Anwender dort legen Wert auf schnell implementierte und leicht bedienbare Analysewerkzeuge, die sich unkompliziert an die individuellen Anforderungen und Fragen anpassen lassen.

Den Trend, dass die Unternehmens-IT zunehmend die BI-Hoheit verliert, haben mittlerweile auch die Softwarehersteller erkannt. Sie bieten verstärkt schlanke Analytics-Tools an, über deren Dashboards sich die Anwender ihre BI-Umgebung selbst konfigurieren können. Maßstab ist und bleibt Excel, das immer noch beliebteste BI-Werkzeug in den Büros rund um den Globus.

Hinter den BI-Dashboards steckt indes eine Analyselogik, die zunehmend komplexer wird. Die Anforderungen reichen weit über das klassische vergangenheitsorientierte Reporting hinaus. Gefragt sind beispielsweise Tools, um bestimmte Business-Szenarien zu simulieren und so die richtigen Entscheidungen für das eigene Geschäft zu treffen. Damit diese Simulationen auch belastbare Ergebnisse liefern, muss die dahinterliegende Datenbasis passen. Das bedeutet, die Datenqualität muss stimmen, und im Backend müssen alle Datenquellen richtig miteinander verknüpft sein. Gerade im Zeitalter von Big Data, in dem auch wenig strukturierte Daten wie beispielsweise Informationen aus sozialen Netzen in die BI-Systeme einfließen, ist das keine triviale Aufgabe.

Entsprechend arbeiten die Anbieter mit Hochdruck daran, ihr Portfolio breiter aufzustellen. Sie forcieren eigene Entwicklungen wie beispielsweise SAP mit der BI-Appliance HANA oder kaufen Techniken zu, um Lücken im eigenen Software-Stack zu schließen. Gerade die großen Softwarehäuser wie SAP, Oracle und IBM haben in den vergangenen Jahren für eine massive Konsolidierung im BI-Markt gesorgt. Ein Ende dieser Entwicklung ist derzeit nicht abzusehen, glauben Experten. Da dieser Sektor ein hohes Potenzial an neuen technischen Entwicklungen biete, tummeln sich hier etliche interessante Startups. Gartner hat aktuell mehr als 100 junge innovative Softwareunternehmen identifiziert, die interessante Lösungen vorzuweisen haben und teilweise rasant wachsen.

Die Experten rechnen daher fest damit, dass dem BI-Geschäft in nächster Zukunft noch etliche Innovationsschübe bevorstehen. Derzeit sei der Markt noch von On-Premise-Lösungen bestimmt, die klassisch über einen PC bedient würden, beschreibt Gartner-Analyst Sommer den Status quo. Trends wie Cloud, Big Data, Mobile und Social Media würden jedoch die Kräfteverhältnisse in den kommenden Jahren deutlich verändern. "In zehn Jahren wird jeder Mitarbeiter in den Unternehmen wesentlich enger und häufiger mit dem Thema Analytics beschäftigt sein als heute", prophezeit Sommer.