Diagramme, Kurven, Balken und Kreise sind selbstverständlich, aber:

Anwender müssen auf I-Tüpfelchen achten

13.12.1985

ESSEN - Checklisten für die Auswahl von Grafiksystemen sind lang. Unter anderem sollte ein Anwender darauf achten, daß das von ihm ins Visier genommene Programm sich mindestens auf acht Farben "versteht", die Refresh-Rate beim Bildaufbau zwischen 45 und 50 Hertz liegt und sich firmenspezifische Darstellungsformen realisieren lassen.

Für die Auswahl der Software empfiehlt sich zunächst das Zusammenstellen von charakteristischen Grafiken, die entweder bereits regelmäßig erstellt oder künftig gewünscht werden. Daraus läßt sich ein Kriterienkatalog ableiten, der alle Anforderungen an ein grafisches Paket enthält. Die darin aufgeführten Punkte können nach "notwendig", "nicht notwendig" oder "wünschenswert" gewichtet werden. Beispielsweise könnte in diesem Katalog aufgeführt sein (abgesehen von den gängigen Diagrammformen, wie Kreise, Balken, Kurven, die ohnehin jedes Geschäftsgrafikpaket enthalten sollte):

- freies Layout,

- menügesteuert/dialoggesteuert,

- verschiedene Schriftarten,

- Kombination von verschiedenen Diagrammformen,

- Anbindung an vorhandene kommerzielle Programme,

- Kompatibilität mit vorhandener Hardware,

- 3D-fähig und

- Interaktivität

Die einzelnen Kriterien und ihre Gewichtung können sich natürlich oft von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden.

Firmen, die ihre Grafiken häufig präsentieren oder veröffentlichen, stellen höhere Anforderungen an die Qualität als Firmen, die ihre Diagramme vorwiegend intern zu Analysezwecken benötigen. Erfahrungsgemäß steigt im Laufe der Zeit der Wunsch nach "druckreifen" Schaubildern, so daß die Anforderungen an die Qualität nicht vernachlässigt werden sollten.

Über das Leistungsspektrum hinaus gibt es aber noch weitere Kriterien, die mitentscheidend für die Auswahl eines Grafikprogrammes sind:

- Benutzerfreundlichkeit

Der Anwender soll nach kurzer Zeit und ohne umfassende DV-Kenntnisse selbständig seine Diagramme konstruieren können. Dazu gehören auch deutschsprachige Benutzerführung und Handbücher.

- Flexibilität

Flexible Programme gestatten dem Anwender größtmögliche Freiheiten beim Design seiner Schaubilder. Man muß sich darüber im klaren sein, daß solche leistungsfähigen Programme entsprechend große Rechner benötigen.

- Geräteunabhängigkeit

Geräteunabhängige Grafiksysteme sind in der Lage, ihre Ausgaben auf beliebigen grafischen Geräten zu erzeugen. Normalerweise liefern die Softwarehersteller die Schnittstellen zu den einzelnen Geräten. Die Geräteunabhängigkeit der Software erlaubt es dem Anwender, jederzeit die Hardware optimal seinen Bedürfnissen anzupassen. Vorausgesetzt, die Geräte werden von der Software unterstützt.

- Interaktivität

Dieses Merkmal ist für die Geschäftsgrafik auf dem Personal Computer keine Frage mehr. Grafische Eingabegeräte, wie Maus, Joy Stick und Tablett lassen sich an viele Mikros anschließen und werden von der Software auch entsprechend unterstützt. Im Bereich der Großrechner wurden bislang grafische Eingabegeräte vorwiegend für technisch-wissenschaftliche Anwendungen eingesetzt. Doch in kurzer Zeit werden sich auch auf dem Mainframe die Geschäftsgrafiken computerunterstützt interaktiv bearbeiten lassen.

Weitere Fragen bei der Auswahl von Software sind:

- Kann das Grafikpaket in das bestehende DV-System integriert werden?

- Wie sieht die Anbindung an vorhandene Programme und Datenbestände aus?

- Können Diagramme ad hoc erstellt, abgespeichert und später weiterverarbeitet beziehungsweise aktualisiert werden?

- Verpflichtet sich der Hersteller zur Wartung und Weiterentwicklung, wie etwa Einfügen von neuen Funktionen, komfortablerer Bedienung, Anpassung an moderner Hardware?

- Wie sieht die Rechnerleistung aus und damit verbunden die Schnelligkeit der Programme?

- Muß das Produkt auf verschiedenen Rechnern lauffähig sein?

- Werden Schulungen und Handbücher (möglichst in deutscher Sprache) angeboten?

Darstellung von acht Farben ist das Minimum

Zur Minimalausstattung eines grafischen Arbeitsplatzes gehören ein grafikfähiger Bildschirm zur Entwicklung von Schaubildern und ein Ausgabegerät, um die Ergebnisse zu fixieren.

Raster-Refresh-Bildschirme werden bei der computerunterstützten Erstellung von Geschäftsgrafik am häufigsten eingesetzt. Der Käufer sollte sich beim Kauf eines Rasterbildschirmes vorerst über die Refresh-Rate informieren. Sie gibt an, wie schnell ein Bildschirm neu beschrieben (aufgefrischt) werden kann. Im "interlaced refresh mode" (jede zweite Zeile wird geschrieben) sollte die Refresh-Rate nicht unter 50 Hertz liegen, um ein ruhiges Bild zu erhalten. Bei "non-interlaced" (jede Zeile wird geschrieben) reichen 45 Hertz aus. Nach Möglichkeit sollte ein non-interlaced-Bildschirm bevorzugt werden.

Von entscheidender Bedeutung ist die Anzahl Pixel (Bildpunkte) pro Zeile und Spalte auf dem Bildschirm. Bis zu 15 Zoll Bildschirmgröße ist eine Auflösung von 640 horizontalen und 480 vertikalen Bildpunkten ausreichend. Bei non-interlaced-Bildschirmen kann die Auflösung geringer sein (zum Beispiel 480 mal 360).

Daß die Farbe eine große Rolle spielt, versteht sich von selbst. Zwecks guter Darstellungsmöglichkeit sollten mindestens acht Farben gleichzeitig auf dem Schirm wiedergegeben werden können. Beachtung verdienten darüber hinaus die Hardware-Einrichtungen, die eine CPU entlasten und die Schnelligkeit der Bildschirmdarstellung erhöhen. Hardware-Characters, Hardware-Shading, Segmentierung, Windowing sind jedoch nur dann hilfreiche Funktionen, wenn sie von der Software entsprechend unterstützt werden.

Inkjet- und Thermodrucker im Wettstreit

Um das Computerbild festzuhalten, hat der Anwender mehrere Möglichkeiten: Stift-Plotter sind schon viele Jahre auf dem Markt und immer noch gebräuchlich. Plotter unterscheiden sich in Schnelligkeit Auflösung, Wiederholgenauigkeit und natürlich im Preis. Wenn es um Genauigkeit und Strichzeichnungen geht, sind sie nach wie vor gut geeignet. Nachteilig ist, daß sie weniger gut Flächen ausfüllen können. Zudem benötigen sie meist einen aufmerksamen Operator.

Nadeldrucker liefern preiswerte Bildkopien, vorzugsweise in Schwarzweiß. Wenn auf gute Farbbandqualität geachtet wird, liefern sie auch brauchbare farbige Ausgaben. Laser- und elektronische Drucker eignen sich dagegen sehr gut, um schnell umfangreiche Texte und Grafiken mit ausgezeichneter Qualität zu erzeugen. Sie drucken vorwiegend schwarzweiß, einige in Farbe. Elektrostatische Drucker sind überwiegend im technisch-wissenschaftlichen Bereich zu finden. Bisher gibt es nur ein, allerdings sehr teures Gerät auf dem Markt, das mit Farbe arbeitet.

Im Rahmen der Geschäftsgrafik zunehmend an Gewicht gewinnen werden die Tintenstrahlgeräte, die in ein bis fünf Minuten vollflächige Bilder in mehreren Farben mit guter Qualität ausdrucken.

Im Wettstreit mit den Tintenstrahlprintern ihren Platz in die Geschäftsgrafik erobern werden auch die Thermodrucker. Statt flüssiger wird wachshaltige Tinte auf das Papier aufgebracht und so in kurzer Zeit (bis zwei Minuten) die farbige Grafik produziert. Als letzte Gerätekategorie für Business Grafik müssen die Kamerasysteme in Betracht gezogen werden. Zum einen kann die Kamera mit einem Terminal verbunden werden und empfängt von dort, unabhängig von Computer und Software, ihre Bildinformationen.

Rechnerbetriebene Kamerasysteme sind zur Zeit die Favoriten und mittlerweile zu relativ erschwinglichen Kosten zu erwerben. In Auflösung und Farbqualität erfüllen sie meist die Anforderung von anspruchsvollen Dias. In die dritte Kategorie von Kamerasystemen gehören Geräte zur Erstellung von professionellen Dias, bei denen es auf höchste Auflösung, Wiedergabe- und Farbqualität ankommt. Diese Systeme sind extrem teuer und werden vorwiegend von Servicebüros im Dienstleistungsbetrieb eingesetzt.

Grafikprogramme für Mikros holen auf

Die Frage, ob Geschäftsgrafik auf dem Großrechner oder auf dem PC betrieben werden soll, läßt sich heute nur nach sehr gründlicher Analyse der Anforderungen und der betrieblichen Organisation beantworten. Auch eventuell schon vorhandene Rechner müssen mitsamt ihren Datenbankbeständen in die Überlegungen miteinbezogen werden. In den meisten Fällen will man ja direkt auf diese Daten zugreifen und diese grafisch darstellen - ohne umständliche Datentransfers. Der Abstand in der Qualität zwischen den auf Kleinrechnern und Mainframes erstellten Diagrammen ist in den letzten Jahren wegen der enormen Leistungssteigerung der Mikros immer geringer geworden. Im Bereich der Flexibilität und Ausgabequalität sowie beim Zugriff auf große Datenmengen und Bilddatenbanken hat die Erstellung von Grafiken auf dem Großrechner immer noch Vorteile.

Unabhängig von der Auswahl der Hard- und Software, von Groß- oder Kleinrechnern, aber abhängig von den unternehmensspezifischen Anforderungen lassen sich drei Einsatzformen unterscheiden: Zunächst gibt es die Möglichkeit, ein zentrales Grafikzentrum zu gründen. Hierbei erstellen die Anwender ihre Grafiken selbst mit der dort zur Verfügung stehenden Hard- und Software. Diese Form der Organisation ist geeignet für Anwendungen auf Personal Computern, für Anwender, die nur gelegentlich Grafiken selbst erstellen wollen und um die Rechnerbelastung "in Grenzen" zu halten.

Variante Nummer zwei: Die Grafik wird direkt am Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Diese Einsatzform ist für die Herstellung von Grafiken sinnvoll, die vorwiegend Analysezwecken dienen. Hat der Benutzer außer der Grafik noch andere Aufgaben computerunterstützt abzuwickeln, kann der Arbeitsplatz auch mit einem PC ausgestattet werden.

In einem Service-Grafikzentrum dagegen lassen die Anwender ihre Grafiken im Auftrag erstellen. Das Service-Grafikzentrum bietet verschiedene Vorteile: Es kann mit aufwendiger Hard- und Software für hochqualitative Schaubilder ausgestattet werden, die auch für extrem unterschiedliche Anforderungen geeignet ist. Es werden Mitarbeiter eingesetzt, die Erfahrung in der Gestaltung und Herstellung von Diagrammen besitzen. Dadurch ist eine optimale Rechner- und Peripherieauslastung gewährleistet. Die Grafik wird für viele Mitarbeiter als Darstellungsmittel für Zahlenmaterial nutzbar. Ein Service-Zentrum ist besonders für Unternehmen geeignet, die Grafiken hauptsächlich für Präsentationen und Veröffentlichungen benötigen.

In einem Unternehmen können aufgrund von unterschiedlichen Anforderungen auch alle Organisationsformen nebeneinander möglich sein. Für die Anwender, die ihre Grafiken selbst erstellen, sollten unbedingt entsprechend geschulte Mitarbeiter zur Unterstützung bereitstehen, um einen reibungslosen und nutzbringenden Einsatz von Computergrafik zu gewährleisten.

Firmenrichtlinien, bei Grafik Erstellung

Ebenso wichtig wie eine kritische Auswahl von Hard- und Software ist die Einführung der grafischen Datenverarbeitung im Unternehmen. Grafiker und technische Zeichner, die bisher Diagramme manuell erstellt haben, sollten in den Auswahl- und Einführungsprozeß integriert werden. Auf ihre Ideen, Erfahrung und Möglichkeiten bei der Gestaltung von Schaubildern kann auch mit dem Einsatz des besten Softwarepaketes oft nicht verzichtet werden. Eine ausreichende Schulung der "neuen Computergrafiker" ist ein wesentlicher Schritt, um Grafik zu einer akzeptierten, sinnvollen und wirtschaftlichen Einrichtung werden zu lassen. Neben der Bedienung von Soft- und Hardware sollten auch Kenntnisse über Auswahl von geeigneten Darstellungen, Einsatz von Farbe, Schriften und Schraffuren vermittelt werden.

Viele Unternehmen haben ihre eigenen Richtlinien für den Aufbau von Diagrammen. Vor Beginn der "Produktion" sollten diese Standards bereits verfügbar sein. Dazu können unter anderem gehören:

- Firmenlogo,

- Größe der Diagramme,

- Plazierung des Titels,

- Textanmerkungen,

- Schriftarten und

- Farben.

Die Information der zukünftigen Anwender und Endbenutzer über die Möglichkeiten der Computergrafik erhöht entscheidend die Akzeptanz und spätere Auslastung. Live-Demonstrationen, Werbung in der Werkszeitung und Verschicken von Beispielen sind Hilfsmittel, die geeignet sind, den Mitarbeitern die neue Technik näherzubringen.

*Bärbel Momma ist Leiterin des Service-Zentrums für Geschäftsgrafik beim Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk (RWE).