Anwender misstrauen der Objekttechnik im Netz Apple kuendigt Kompatibilitaet zwischen Opendoc und OLE an

23.09.1994

SAN FRANZISKO (IDG) - An Microsofts De-facto-Standard OLE kommen auch die Verfechter der alternativen Objekttechnik Opendoc nicht vorbei. Darauf laesst zumindest Apples juengste Ankuendigung schliessen, man wolle Mac-Anwendern die Kompatibilitaet beider Verfahren garantieren. Apple gehoert neben IBM und Wordperfect zu den Gruendungsmitgliedern des Opendoc-Konsortiums.

Selbst Insider waren von der Apple-Initiative ueberrascht, hatte das Unternehmen doch erst kuerzlich eine Kompatibilitaet der beiden Objekttechniken vorlaeufig ausgeschlossen. Lediglich Novells Wordperfect Group, deren Produkte sowohl unter Windows als auch auf der Mac-Plattform laufen, hatte sich bisher zwangslaeufig zur Unterstuetzung beider Objektmethoden bekannt.

Offensichtlich hat auch der Druck unabhaengiger Software-Entwickler zur Kursaenderung bei Apple beigetragen: Drittanbieter fuerchten eine Spaltung in zwei gegnerische Lager und sind nicht gewillt, sich von den ideologischen Grabenkaempfen zwischen der Mac- und Windows-Welt aufreiben zu lassen. Die Kommunikation zwischen Opendoc und OLE ist fuer Apple vergleichsweise einfach zu realisieren. Die Firma wird den derzeit vom Konsortiumpartner Wordperfect entwickelten Code uebernehmen, der zu beiden Objekttechniken kompatibel ist.

Anwendungsobjekte belasten Netzbetrieb

Mit einer marktreifen Opendoc-Version wird erst im naechsten Jahr gerechnet. So wie das erste verfuegbare Release scheint auch die Objektpraxis noch weit vom Anwender entfernt zu sein. Teilnehmer der vor wenigen Tagen in San Franzisko abgehaltenen Konferenz "Windows Solutions '94" verliehen ihrer Befuerchtung Ausdruck, dass die Objekttechnik zu einer Flut von Anwendungskomponenten fuehren und damit ein Chaos im Netzbetrieb verursachen koennte. Ein Systementwickler des Lockheed-Konzerns etwa bezweifelte, dass sich in seinem Unternehmen in absehbarer Zeit eine objektorientierte Umgebung durchsetzen werde. Als Handicap dieser Technik bezeichnete der DV-Fachmann die mangelnde Interoperabilitaet von Objekten und die weitaus groessere Belastung der Administration. Ein grundsaetzliches Problem liege darin, dass viele Unternehmen aufgrund ihrer geschichtlichen Entwicklung bislang weder die Moeglichkeit noch die Zeit gehabt haetten, Geschaeftsablaeufe in akkuraten Modellen abzubilden - eine der wesentlichen Voraussetzungen, wenn Softwarekomponenten prozessorientiert eingesetzt werden sollen.

Bill Kisselring, Manager der Wordperfect Group von Novell, kann dem nicht zustimmen. Die Implementierung und Kontrolle der Objekttechnik sei leichter, als gemeinhin angenommen, zumal sie sich des Ballasts bisheriger Applikationen entledige. Neben den Risiken verspreche die Reduktion von Software und Dokumenten auf eine Objektbasis mehr Flexibilitaet und Produktivitaet.

Doch weder Kisselring noch Jeff Alger, Produkt-Manager fuer Microsofts OLE, das mittlerweile von 375 Applikationen unterstuetzt wird, konnten die Bedenken der Kongressteilnehmer zerstreuen. Alger musste sogar zugeben, dass Interoperabilitaets-Probleme zu befuerchten sind. Als Grund nannte er die Komponentensoftware verschiedener Hersteller, die aehnliche Funktionen mit unterschiedlichen Schnittstellen abdecken. Eine Schluesselrolle raeumt der Microsoft- Experte den Administratoren ein. Auf sie sieht er in Zukunft eine groessere Verantwortung zukommen. Die Standardisierung werde zwar von den Herstellern forciert, das Zusammenspiel von Komponenten innerhalb komplexer Projekte bleibe jedoch Sache der Unternehmens- DV.