Interview

"Anwender fordern flexible Speichersysteme"

09.02.2001
Mit Harald Heid, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von MTI, sprach CW-Redakteur Martin Bayer

CW: Wie erklären Sie sich das schlechte Geschäftsergebnis des letzten Quartals?

Heid: Das ist zum einen auf eine Neuausrichtung des Vertriebs in den USA zurückzuführen. Außerdem gibt es neue Regeln der Börsenaufsicht. So reicht es nicht mehr aus, ein Produkt über die gelbe Linie der Fabrik zu schieben, sondern Sie müssen es beim Kunden installieren. MTI hat zwischen fünf und sechs Millionen Dollar Umsatz noch nicht verbuchen können. In Deutschland haben wir in den letzten Quartalen regelmäßig die Umsätze zwischen zehn und 15 Prozent gesteigert und auch profitabel gearbeitet.

CW: Andere Storage-Anbieter können derzeit ausgezeichnete Ergebnisse vorweisen.

Heid: Wir waren in der Vergangenheit Direktanbieter und Systemintegrator. Zukünftig wollen wir unseren Vertrieb ganz auf die Vivant-Produktserie konzentrieren. Das bedeutet, wenn wir heute Datensicherungsprojekte betreiben, dann tun wir das mit unseren eigenen Produkten. Dafür verzichten wir auf Umsätze aus dem Integrationsgeschäft, das nicht mehr unserem Fokus entspricht.

CW: Lassen sich nicht gerade mit Services die großen Geschäfte im Storage-Business machen?

Heid: Wir haben in der Vergangenheit oft Services angeboten, ohne unsere eigenen Produkte zu platzieren. Diese Kunden bedienen wir heute nicht mehr in dem Maße wie früher, sondern wir konzentrieren uns auf die Interessenten, die eine Gesamtlösung wollen - mit MTI-Produkten. Mit einem Gerät, das wir selbst entwickeln und verkaufen, lässt sich natürlich auch eine höhere Marge erzielen als mit Handelsware anderer Hersteller.

CW: Über welche Faktoren wollen Sie sich von Ihren Wettbewerbern abgrenzen?

Heid: Wir setzen bei unseren Vivant-Geräten auf eine Kombination aus einem Switch-basierten integrierten Storage Area Network (SAN) und optional einer Network-Attached-Storage-(NAS-)Lösung, das heißt einen File-Service, der in der Box integriert ist. Diese Maschine lässt sich dann auch noch mit einem Backup-System kombinieren.

CW: Stellt sich beim Kunden die Frage nach SAN oder NAS überhaupt noch?

Heid: Das ist momentan eine der Kernfragen. Wenn ein Kunde seine Terabytes in einem NAS-System gespeichert hat, kann er nicht so einfach auf ein SAN umsteigen, wenn sich seine Anforderungen ändern. Für den Kunden wird mehr und mehr eine dynamische Lösung interessant, wo er festlegen kann, wie viel Speicher im SAN und wie viel im NAS zur Verfügung stehen soll. Aber in einem Jahr können sich die Verhältnisse umdrehen. Dann braucht der Anwender ein System, das sich anpassen lässt.

CW: Wie lassen sich Geräte verschiedener Hersteller unter einen Hut bringen?

Heid: Wir arbeiten mit Firmen wie Veritas und Legato zusammen, deren Produkte Geräte verschiedener Hersteller verwalten können. Unsere Schnittstellen sind dafür offen. Wir legen keine Standards fest, wir richten uns nach den Standards. Als kleinerer Anbieter sind wir auf offene Standards angewiesen. Der Kunde würde nicht mitmachen, wenn wir sagen: Du kannst nur noch MTI einsetzen.

CW: Um die Entwicklung der Standards ist es in der letzten Zeit sehr ruhig geworden.

Heid: Die Technik, auf die jeder wartet, müssen die Switch-Hersteller definieren. Die Entwicklungen scheinen zwar viel versprechend, es ist aber bislang noch nichts verabschiedet. Dann gibt es noch Initiativen wie die von Veritas, die auf einer höheren Ebene ansetzen. Ziel ist, das gesamte Speichernetz als eine Einheit zu sehen. Wann wird das kommen? Jedesmal ist von zwölf Monaten die Rede.

CW: EMC verfolgt genau den anderen Ansatz. Die bauen auf ihre Marktanteile.

Heid: Bei zwölf Milliarden Umsatz hat man eine ganz andere Ausgangsposition.

CW: Wenn sich ein Großer ausklinkt, werden die Standardentwicklungen allerdings nicht einfacher.

Heid: Es hat immer Splittergruppen gegeben. Einige waren erfolgreich, das wurden De-facto-Standards. Es kann aber auch ein falscher Weg sein. Das heißt, man geht in eine Richtung, irgendwann fällt die Unterstützung weg, das Konzept der Allianz bröckelt, weil die anderen auf einmal Licht am anderen Ende des Tunnels sehen. Und die Leute, die das Ganze gesteuert haben, stehen dann im Regen. Das passiert bei Standardentwicklungen sehr schnell. Deshalb bleiben wir in den offizielleren beziehungsweise den offeneren Gremien.