Anwender bleiben Windows 2000 treu

20.07.2005
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Wartungsende Seit Ende Juni 2005 bietet Microsoft keine Standardwartung mehr für Windows 2000 an. Allerdings unterstützt der Softwarekonzern im Rahmen des erweiterten Supports die Kunden noch bis zum 30. Juni 2010. Bis dahin wird es weiterhin Sicherheits-Patches geben. Außerdem hält Microsoft Selbsthilfe-Leitfäden und Problemlösungen parat. Aktiven Support, der über Sicherheitsbelange hinausgeht, müssen die Anwender künftig jedoch bezahlen. Unwiderruflich beendet ist die funktionale Weiterentwicklung des Betriebssystems. Um den Windows-2000-Anwendern den Abschied von der Standardwartung zu versüßen, hat Microsoft Ende Juni mit dem "Update Rollup 1" eine Sammlung von Security-Patches herausgebracht. Nach Einschätzung der Deutschen NT-Anwendergruppe ist keine Panik angebracht. Das System werde grundsätzlich fünf weitere Jahre unterstützt. Auch laut Michael Kuhn, Windows-Experte von Getronics, birgt das Wartungsende für Anwender kaum Risiken. Allerdings müssten sie ihre Applikationslandschaft im Blick behalten. Gerade Neuentwicklungen würden meist an aktuelle Plattformen angepasst. Mit älteren Systemen könne es Probleme geben. "Ein Trend zum Wechsel ist derzeit nicht zu spüren", bestätigt Michael Kuhn, Migrations-experte des Dienstleisters Getronics. Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation und des schon seit Jahren anhaltenden Drucks auf die IT-Budgets sei die Innovationsbereitschaft am deutschen Markt eingefroren. Dazu komme, dass sich der Nutzen eines Plattformwechsels nur schwer quantifizieren lasse. Das liege sicher auch daran, dass Anwender in der Vergangenheit nicht immer die besten Erfahrungen bei der Umstellung ihrer Betriebssysteme gemacht haben.

"Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht", warnt Kuhn jedoch die Anwender. Zwar sei Windows 2000 grundsätzlich ein stabiles System, das als Plattform für eine Office-Suite und ein SAP-GUI im Grunde ausreiche. Wenn es aber um Fragen nach aktivem Patch-Management, Lizenzverwaltung, Softwareverteilung und das Organisieren von Updates gehe, biete Windows XP Vorteile. Mit dem damit verbundenen Einsparpotenzial ließe sich eine Umstellung der Systeme zumindest teilweise finanzieren, verspricht der Experte.

Das vermag Ralf Bäuerle, IT-Leiter der Bauknecht Hausgeräte GmbH, nicht für einen Umstieg zu begeistern. Windows 2000 sei in allen internationalen Niederlassungen als Desktop-Plattform im Einsatz, berichtet er. Es gebe keine Pläne, auf Windows XP zu wechseln. Zwar biete die neue Betriebssystem-Version mehr Funktionen und sei auch sicherer. Doch auch Windows 2000 lasse sich mit Hilfe anderer Infrastrukturmaßnahmen gefahrlos betreiben. "In technischer Hinsicht ist ein Update auf XP nicht notwendig", lautet das Fazit des IT-Leiters.

Damit steht Microsoft zum wiederholten Male in seiner Unternehmensgeschichte vor dem Problem, seine Klientel vom Umstieg auf eine neue Betriebssystem-Version überzeugen zu müssen. Anfang vergangenen Jahres sah sich der Konzern beispielsweise gezwungen, angesichts des wachsenden Drucks von Seiten der Anwender den erweiterten Support für Windows 98 bis Ende 2006 zu verlängern.

Die nächste Ausführung, die Microsoft derzeit unter dem Codenamen Longhorn entwickelt, macht die Sache für den Softwarekonzern nicht einfacher. Ende des Monats soll die erste Betaversion des Systems an ausgewählte Testkunden vergeben werden. Die Marktreife von Longhorn erwarten Experten allgemein für Ende nächsten Jahres. Mit der neuen Windows-Version wird der Spagat, den Microsoft zwischen den verschiedenen Spielarten seiner Betriebssysteme leisten muss, noch größer. Nicht immer macht der weltgrößte Softwareanbieter bei diesen Verrenkungen eine glückliche Figur.Microsoft enttäuscht Kunden

So hatte Microsoft in der Vergangenheit sehr optimistische Verfügbarkeitspläne für Longhorn bekannt gegeben, diese aber in der Folge immer wieder revidieren müssen. Viele Unternehmen, die ihre Migrationspläne auf einen direkten Umstieg von Windows 2000 auf Longhorn ausgerichtet hatten, habe Microsoft durch die ständigen Verzögerungen enttäuscht, schildert Gartner-Analyst Gammage.