US-Anbietervereinigung fordert Unterstützung durch Regierung und Anwender:

Anti-lBM-Kampagne gewinnt deutlich an Schärfe

27.11.1987

ARLINGTON (CW) - Bei ihrer Offensive gegen die aggressive Produktpolitik der IBM hofft die amerikanische Anbietervereinigung Adapso auf die Unterstützung der Anwender: Neben den offiziellen Stellen des Pentagon sollen sich auch die Kunden gegen die Strategie des "Object Code Only" und des Product-Bundling aussprechen.

"Wir legen großen Wert darauf, daß alle User verstehen, worum es bei dieser Kampagne geht. Nur dann können sie uns nachhaltig dabei unterstützen, Regierungsstellen, Normungsgremien und internationale Organisationen zur Mithilfe zu bewegen, "kommentiert Adapso-Chairman Jay Goldberg die jüngste Initiative der Handelsorganisation. Letztlich gehe es darum, einen fairen Wettbewerb und freie Produktauswahl für den Kunden zu erhalten. Ergänzend dazu führen Adapso-Vertreter derzeit informelle Gespräche mit den zuständigen Mitarbeitern des US-Justizministeriums, der Federal Trade Commission und der EG.

Offiziellen Charakter kann die Kampagne allerdings frühestens Ende des Jahres bekommen; die Adapso will nämlich ihr Board-Meeting am 9. Dezember abwarten, auf dem die Stellungnahme der IBM zu den Beschwerden der Anbietervereinigung diskutiert werden soll. Ihre weiteren Schritte mache die Handelsorganisation dann von der Reaktion des Marktführers abhängig, teilte Adapso-Sprecher Christopher Carleton mit.

Big Blue hatte sich kürzlich dazu bereit erklärt, mit einzelnen Unternehmen über die Politik des "Object Code Only" zu verhandeln. Ob die Adapso diese Möglichkeit als zufriedenstellende Lösung akzeptieren wird, steht noch nicht fest. Einige Mitglieder unter der Führung von Chairman Goldberg wären zwar durchaus dazu bereit; doch die Kritiker plädieren dafür, die Auseinandersetzung auf breiter Basis so lange fortzusetzen, bis konkrete und allgemeingültige Ergebnisse erzielt sind.

In einem elfseitigen Position-Paper zum Thema "Product Bundling" und "Object Code Only" legte die Adapso jetzt ihre Forderungen an die IBM offen. Oberstes Ziel ist es, den unabhängigen SW-Anbietern unter bestimmten Voraussetzungen Zugriffsmöglichkeiten auf den IBM-Sourcecode zu verschaffen - beispielsweise dann, wenn eine Kenntnis des Quellcodes für die Entwicklung eigener Software-Produkte eine unerläßliche Voraussetzung ist.

Goldberg bezeichnet die Kampagne als "pro Kunde, nicht gegen IBM": Da die Hardware-Preise immer stärker fallen, könne es für einen Anbieter durchaus naheliegen, in künstlich hochgetriebenen Software-Preisen Hilfe zu suchen; dies aber gehe nicht nur zu Lasten der Kunden, sondern auch der Computer-Industrie und schade somit letztlich der gesamten US-Wirtschaft.

Die amerikanische Software/Service-Industrie sei einer der wenigen High-Tech-Bereiche, die noch eine positive Handelsbilanz auswiesen. Schon aus diesem Grund müsse sich die Regierung in Washington auf die Seite der Adapso stellen.

Die Adapso-Forderungen im Überblick

- Auf schriftliche Anfrage soll IBM den System-Software-Anbietern den Source-Code verfügbar machen; es muß jedoch sichergestellt sein, daß alle Beteiligten solche Informationen vertraulich behandeln. Big Blue steht es frei, für diesen Service Gebühren zu erheben, wenn sich diese in zumutbarem Rahmen bewegen. Der Quellcode soll den SW-Produzenten ab dem Augenblick zur Verfügung stehen, wo er auch IBM-intern für Entwicklungsaufgaben verwendet wird; auch Änderungen des Codes vor der offiziellen Ankündigung sind an die Unabhängigen weiterzugehen.

- Bestehende und neue IBM-Produkte sollen exakt definiert werden; ein Bundling ist nicht zulässig, folglich sind auch für alle Einzelprodukte separate Preise anzugeben. Im Zweifelsfall hat eine unparteiische Schiedsstelle das letzte Wort.

- Die angekündigte Extended Edition von OS/2 muß aus dem Markt genommen werden. Die beiden Komponenten "Database Manager" und "Communications Manager" sollen als separate Produkte freigegeben werden, die zusammen mit der Standard-Edition des Betriebssystems einsetzbar sind.