CDU: Neue Technik bedroht nur weniger qualifizierte Jobs

Anspruchsvolle Berufsprofile sind gefragt

23.12.1988

FRANKFURT(CW) - Die Verbreitung der Informationstechnik wirkt sich beschäftigungssteigernd aus, führt aber auch zur Benachteiligung von weniger qualifizierten Arbeitnehmern. Zu diesem Schluß gelangten Politiker und Industrievertreter auf einer Veranstaltung des CDU-Wirtschaftsrates in Frankfurt.

Bereits die Hälfte aller deutschen Arbeitnehmer sei heute im Dienstleistungsbereich tätig, bis zum Jahr 2000 würden es etwa zwei Drittel sein, erklärte Dieter Weirich, medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf der Tagung des CDU-Landesverbandes Hessen. Der entscheidende Rohstoff für Dienstleistungsunternehmen sei die Information, weshalb die Bedeutung von Telekommunikation und Informationsverarbeitung "rapide zunehmen" werde.

Der Ausbau der Telekommunikation habe eine "schicksalhafte Bedeutung" für Wirtschaftswachstum, Arbeitsmarkt und soziale Sicherheit in der Bundesrepublik.

Wie Dieter Kaden, Vorstandsmitglied der Philips Kommunikations Industrie AG, betonte, ist das Nachfragepotential an Informationstechnik noch lange nicht voll ausgeschöpft. Es würden zur Zeit pro Jahr rund eine halbe Million Arbeitsplätze in der Bundesrepublik neu mit Informationstechnik ausgestattet, jährlich also knapp zwei Prozent aller Arbeitsplätze. Informationstechnologie bedeute eine Rationalisierung von Arbeitsplätzen, durch die viele Routinetätigkeiten überflüssig würden. Das müsse aber nicht von Nachteil sein; es bedeute nicht Ausmusterung von bewährten Arbeitskräften, gefragt seien vielmehr höhere Qualifikationsanforderungen und neue, anspruchsvolle Berufsprofile.

Auch Dietrich Oldenburg, Präsident des Landesarbeitsamtes Hessen, räumte ein, daß technischer Fortschritt in der Regel unmittelbar "Freisetzungen von ganz konkreten Menschen" zur Folge habe, da diese Techniken arbeitssparend seien. Es sei aber falsch zu behaupten, daß die Arbeitsplatzverluste Anfang der 80er Jahre auch nur überwiegend auf eine beschleunigte Einführung arbeitssparender Techniken zurückzuführen sei. Jedenfalls sei die Technik "mindestens beschäftigungsneutral, tendenziell sogar beschäftigungssteigernd" gewesen.

Die Informationstechnik führe aber zu einer immer deutlicheren Benachteiligung weniger qualifizierter Arbeitnehmer.

"Mikroelektronik und Informationstechnik beseitigen solche Arbeitsplätze, die zur geistigen Verarmung, Monotonie und beruflicher Perspektivlosigkeit führen." Das betonte Hans Joachim Leydecker, Generalbevollmächtigter und Leiter des Zentralbereichs Vertrieb bei der Telenorma. Arbeitslosigkeit würde nicht durch Informationstechnik und Mikroelektronik geschaffen, sondern durch die Verzögerung, wenn nicht Verhinderung des wirtschaftlich notwendigen Strukturwandels. Wichtige Werte wie der Umweltschutz seien heute ohne die Möglichkeiten der Informationstechnik nicht verifizierbar. Neben einem neuen Bewußtsein entstünden auch konkrete neue Arbeitsfelder und Arbeitsplätze.