Data-Dictionary-Standard soll Software-Entwicklung aus der Misere helfen:

ANSI und ISO konkurrieren miteinander

06.05.1988

NEW YORK (IDG) - Das American National Standards Institute (ANSI) wird sehr wahrscheinlich bald seine Arbeit an einem zentralen Data-Dictionary-Standard abgeschlossen haben, In Konkurrenz dazu tritt allerdings die International Standards Organization (ISO), die parallel eine eigene Norm propagiert.

Schon seit Anfang der 80er Jahre arbeitet das ANSI an seinem "Information Resource Dictionary Standard" (IRDS). Der Vorschlag basiert auf dem Entity-Relationship-Modell, das in ähnlicher Weise auch bei den herstellereigenen Data-Dictionaries zum Zuge kommt.

Wie von den ANSI-Mitgliedern vorgeschlagen, handelt es sich bei dem neuen Standard um eine globale Repository-Struktur, die jegliche Beschreibungen der Informations-Ressourcen des Unternehmens enthält und auf die alle Entwicklungs-Tools zugreifen. Das Repository definiert ein komplettes Programm-Interface, das es den Benutzern ermöglicht, IRDS von einem laufenden Programm aus abzufragen und zu aktualisieren. Diese Funktion erlaube auch den Einsatz von IRDS als Datenbank, erläutert David Carpenter, Manager für Produktentwicklung bei Pansophic Systems und gleichzeitig Vice-Chairman des entsprechenden ANSI-Komitees.

Entity-Relationship kontra SOL-Nähe

Wie Carpenter weiter ausführt, liegen oberhalb der Programmschnittstelle drei weitere Interfaces. Dabei handle es sich um eine Kommandosprachen-Schnittstelle, die als primäres Batch-Interface zu IRDS dient, sowie um eine Panel-Schnittstelle, die online arbeitet, und um ein Dictionary-zu-Dictionary-Interface, das einen Austausch von Dictionary-Schemata und -Informationen unter den verschiedenen Implementierungen von IRDS ermöglichen soll.

Einen SQL-nahen Repository-Standard forciert dagegen die ISO. ANSI-Chairman Carpenter verspricht sich von dem in seinem Haus entwickelten Standard mehr als von dem ISO-Vorschlag: Das Entity-Relationship-Modell ist mit den bestehenden Systemen kompatibel und erlaubt zudem einen schrittweisen Umstieg auf IRDS. Im Gegensatz dazu betrachtet die ISO den ANSI-Standard jedoch lediglich als eine Erweiterung der Datenbank-Management-Systeme; sie glaubt, daß mit der zunehmenden Popularität von SQL ihre Lösung für den Anwender erheblich attraktiver werde.

Alan Goldfine, Leiter des IRDS-Entwicklungsprojektes beim ANSI, bezweifelt, daß die ISO mit ihrem Standard noch in den nächsten zwei oder drei Jahren herauskommen kann.

Meint der Projektleiter: "Bis dahin befindet sich IRDS schon in der ersten Expansions- und Revisionsphase." Möglich wäre allerdings, daß ANSI zu diesem Zeitpunkt einige der ISO-Features übernehme.

Ausschlaggebend für die Entwicklung von IRDS war, daß die Anwender bis dato viele herstellereigene Dictionaries- oder Kontrolldateien, fragmentierte Abspeicherungen und nicht übereinstimmende Informations-Ressourcen tolerieren mußten. Carpenter erläutert, daß gerade diese Vielzahl an Dictionaries aufgrund der Redundanzen und der verzögerten Kommunikation zwischen unterschiedlichen Projekten wertvollen Speicherplatz besetzten und ein Hindernis für die Integration schlüsselfertiger Produkte darstellten.

Für James Squier, Leiter der Datenverwaltung beim US-Handelsministerium, liegen die Vorteile von IRDS auf der Hand: "Mit einem solchen Standard ist die Migration von System-zu-System und von Datenbank-zu-Datenbank möglich, ohne daß sich der Anwender über den Inhalt des Dictionary kümmern muß."