Anlaesslich der diesjaehrigen IMC-Veranstaltung Kongressbesucher ueben Kritik an den Vortraegen der Berater Von Renate Karl*

08.09.1995

AMSTERDAM - Ein "neues Selbstbewusstsein" auf seiten der Besucher war auf dem diesjaehrigen "International Information Management Congress" (IMC) zu beobachten. Das Auditorium unterzog die Vortraege einem strengen Werturteil. Schlecht kamen vor allem die Referenten aus der Consultant-Zunft weg. Tenor der Kritik: Die Berater trieben vor allem Werbung fuer sich selbst und leisteten zuwenig konkrete Hilfestellung.

"Re-engineering for Success" lautete in diesem Jahr das Motto des Kongresses fuer Dokumenten-Management und Imaging, der kuerzlich in Amsterdam zu Ende ging. Die von insgesamt 526 Teilnehmern besuchten Vortraege umspannten ein breites Themenspektrum, darunter Archivierung, Multimedia, Workflow-Management und Groupware- Computing.

Als besonders brauchbar bewertete das Publikum die Vortraege, die sich an der Praxis orientierten. Da wurde beispielsweise aufgezeigt, wie sich das Problem der Scannereinbindung (OCR, Barcode und OMR) loesen laesst, oder aus welchen Basiskomponenten sich ein voll funktionsfaehiges Document- und Imaging-System zusammensetzt.

Weniger gut schnitten einige Consultants ab. Sie zogen sich auf die Grundlinie allgemeiner Betrachtungsweisen zurueck und suggerierten den Teilnehmern die Botschaft, dass ein Projekt ohne externen Sachverstand generell zum Scheitern verurteilt sei. Dabei wollen insbesondere Projektgruppen, die sich seit geraumer Zeit intensiv mit dieser Thematik auseinandersetzen, zunehmend nur noch eine punktuelle Unterstuetzung durch externe Berater. Zu spueren war ein neues Selbstbewusstsein der Anwender. Das Publikum brachte zu den Vortraegen eine hohe Erwartungshaltung mit. Die Teilnehmer waren bereit, Geld in die Erweiterung ihres Know-hows zu investieren, wollten dafuer aber auch mit vorzeigbaren Resultaten zurueck in ihre Firma kommen.

Dieses neue Besucherverhalten manifestierte sich auch in den Gespraechen am Rande der Konferenz. So forderte ein Teilnehmer, dass die Berater sich auch auf Kongressen dieser Groessenordnung ihrer Aufgabe erinnern sollten. Es reiche nicht aus, darauf hinweisen, dass der Kunde Consulting-Leistung einkaufen koenne. Vielmehr sollten die Fachleute ihre Redezeit bereits dazu nutzen, konkrete Hilfestellung zu geben.

Die Anbieter bekamen ebenfalls ihr Fett weg. So bemaengelten die gut informierten und aufmerksamen Besucher, dass einer der Hersteller in Amsterdam mit demselben Vortrag aufwartete, den er schon im vergangenen Herbst auf dem IMC-Kongress in Berlin zum besten gegeben hatte.

Ins Kreuzfeuer der Kritik gerieten auch die Aussteller. Sie priesen in ihren rhetorisch guten Referaten ihre Loesungen. Aber wer sie anschliessend auf dem Stand beim Wort nehmen wollte und eine praxisgemaesse Praesentation erwartete, sah sich mit braven Demos aus der Schublade konfrontiert. Das Standpersonal war deshalb kaum in der Lage, flexibel auf die Vorstellungen der Kunden einzugehen.