Angst essen Leistung auf

11.01.2006
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

HÜTHER: Angst ist ein Gefühl und lässt sich nur durch ein anderes, entgegengesetztes Gefühl überwinden: Vertrauen. Wir Menschen verfügen über drei Ressourcen, mit deren Hilfe wir Angst und Verunsicherung überwinden können: erstens das Vertrauen in eigene Fähigkeiten, eigenes Wissen und eigene Erfahrungen. Zweitens das Vertrauen in die Fähigkeiten anderer zur Zusammenarbeit, gegenseitigen Hilfe, auch das Vertrauen in das Verständnis, das uns andere entgegenbringen, gehört hierher. Und drittens Vertrauen in etwas, was "die Welt im Innersten zusammenhält", das "Orientierung bietet" und unserem Leben und Leiden Sinn verleiht, also Glaube, Liebe, Hoffnung, wie es so schön pathetisch heißt. Immer dann, wenn man die Erfahrung machen kann, dass eine oder sogar alle drei dieser Angstbewältigungsstrategien hilfreich sind, stellt sich ein gutes Gefühl ein, und das Vertrauen in die Kraft dieser Ressourcen wächst.

CW: Um eine Kultur des Vertrauens scheinen sich aber die wenigsten Firmen zu bemühen.

HÜTHER: Bisher haben sich die Unternehmen nur darum gekümmert, dass die Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter erhalten bleibt. Deshalb gibt es Betriebskantinen mit zum Teil sehr ausgewogener Nahrung für das Verdauungssystem. Inzwischen kommt es aber weniger auf die Muskelkraft der Mitarbeiter, sondern auf ihre Motivation, ihre Lust am Gestalten, ihre Begeisterung am Mitdenken an. All das sind psychische oder psychoemotionale Kräfte. Und die müssen eben künftig auch entsprechend "genährt" werden: Durch Wertschätzung, durch das Übertragen eigener Verantwortung, durch erkennbare Strukturen und klare Entscheidungen, durch die Einladung zum Mitwirken und Mitdenken - also durch vertrauensstärkende Maßnahmen.

CW: Welche Rolle fällt dabei den Führungskräften zu?