Andrew Groves Technikfasziniertheit treibt Intel voran CPU-Gigant bringt die ersten Produkte fuer Konferenzsysteme

11.02.1994

MUENCHEN (CW) - Rund sechs Jahre Entwicklungsarbeit und 100 Millionen Dollar steckte die Intel Corp. in die digitale Videotechnik, deren erste Produkte unter dem Namen "Proshare Personal Conferencing" zeitgleich auf der Demo '94 in Indian Wells und der Comnet in Washington D.C. vorgestellt wurden.

Die Industrie steuert nach Ansicht von Intel-Chef Andrew Grove auf eine technologische Aufhebung der Zwangsbewirtschaftung der Kommunikation zu. Vergleichbar mit der Zerschlagung des AT&T- Telefonmonopols, die den US-Buergern Alternativen bei der Wahl der Netzbetreiber eroeffnete, biete die naechste Stufe der Deregulierung - beispielsweise durch drahtlose oder Rechner-zu-Rechner- Verbindungen - eine neue Qualitaet in der Kommunikation. "PCs sind bestens dafuer geeignet, die zentrale Rolle bei diesen neuen Kommunikationsmethoden zu spielen, da sie ueber genuegend Leistung, Flexibilitaet und eine grosse installierte Basis verfuegen", so der CEO.

Intels erste zwei Produkte fuer diesen Bereich bestehen aus einer Software fuer gemeinsame Datenbenutzung und einer Hard- und Softwareloesung fuer Videokonferenzen per PC. Die "Pro- share Standard Edition" erlaubt es zwei Benutzern, in Echtzeit Dokumente zu sehen und zu bearbeiten. Die Uebertragung der Bit-Map-Daten erfolgt dabei per Modem mit 9600 Baud oder ueber ein Netware- oder Netbios-LAN. Die Anwendung laeuft unter Windows und kostet 99 Dollar. Die im Paket integrierte Jump-Start-Funktion verschafft auch einem Kommunikationspartner ohne Pro- share die Moeglichkeit, ein entsprechendes Dokument zu empfangen und zu kommentieren

Die "Premier Edition" von Proshare geht noch einen Schritt weiter und erlaubt die gemeinsame Nutzung einer Software-Anwendung, die nur einer der beiden Partner besitzt. Das Paket soll im zweiten Quartal zum Preis von 299 Dollar auf den Markt kommen. Die Proshare-Produkte laufen auf 386-, 486- und Pentium-PCs.

Fuer Videokonferenzen bietet Intel das "Proshare Video System 200" an. Es besteht aus Video- und Kommunikationskarten, einer Videokamera, die auf dem Monitor befestigt wird, einer Kopfhoerer- Mikrofon-Kombination, der Proshare-Standard-Edition-Software und einem Tool, das einen Ziffernblock zum Waehlen und Steuern einblendet. Fuer die Steuerung der Videokompres- sionskarte nutzt Intel den eigenen I750-Chipsatz, das ISDN-Kommunikations-Board arbeitet mit dem Siemens-Baustein PIB2085N, wie Steve Cate von der deutschen Intel-Niederlassung erklaerte.

Das Video System 200 basiert auf Intels Indeo-Videotechnik und unterstuetzt Fenstergroessen von maximal 320 x 240 Pixel (ein Viertel des Bildschirms). Standbilder koennen aufgenommen und gemeinsam benutzt werden. Die Bilduebertragungsrate betraegt zehn bis 15 Frames in der Sekunde, abhaengig von der Netzbelastung.

Die Industrie sieht die neuen Chancen

Das System setzt mindestens einen 486-PC mit 33 Megahertz und einen ISDN-Anschluss voraus. Intel bemueht sich momentan um Kompatibilitaet zu den verschiedenen europaeischen ISDN-Standards und die europaweite Zulassung.

Aus Intel-Kreisen war zu erfahren, dass die Grove-Company, getrieben vom Enthusiasmus ihres Chefs, an einer Version des Videokonferenzsystems arbeitet, die in normalen LANs betrieben werden koennte. Ausserdem wurden in den USA Marketing-Abkommen ueber die Verfuegbarkeit von ISDN mit lokalen Telefongesellschaften wie Ameritech, AT&T Communications Group, Bell Atlantic und Pacific Bell geschlossen.

Seitens der Software-Industrie konnte Intel fuer die neue Kommunikationsloesung Interesse bei Lotus, Microsoft, Novell Software Publishing und Wordperfect wekken, die zukuenftig die Proshare-Produkte unterstuetzen wollen. Von den Hardwarefabrikanten sind AST, Compaq, Digital Equipment, Dell und Gateway 2000 mit von der Partie. Videosystemhersteller wie Compression Labs Inc., Smart Technologies Inc., Videoserver und VTEL arbeiten zusammen mit Intel an der Interoperabilitaet der Intel-Produkte mit Videokonferenz-Raumsystemen. Geplant ist, einen einheitlichen Standard fuer derartige Systeme zu schaffen.