Beratungsgeschäft wächst schneller als die Wirtschaftsprüfung

Andersen Consulting will die Scheidung

02.01.1998

Anlaß des Streits zwischen den Beratern und Wirtschaftsprüfern ist vor allem die seit Gründung des Unternehmensverbundes praktizierte interne Gewinnumlage, bei der sich die Consultants benachteiligt sehen. Insider wußten es schon lange, nun aber ist ein seit Jahren schwelender Streit ausgebrochen. Die Berater der 1989 von der Muttergesellschaft Andersen Worldwide gegründeten eigenständigen Tochter Andersen Consulting (AC) wollen den Verbund mit der Wirtschaftsprüfer-Organisation Arthur Andersen (AA) aufkündigen. Ein Schiedsgericht soll nun für Rechtsklarheit sorgen.

Stein des Anstoßes ist vor allem die gängige Praxis, wonach die im Rahmen des Andersen-World- wide-Konzerns in einem sogenannten Partnerverbund organisierten Consultants einen Teil ihres Gewinns an ihre Schwesterorganisation abführen müssen. Allein im vergangenen Jahr seien dies rund 100 Millionen Dollar gewesen, inoffiziell spricht man von der doppelten Summe. Der jährlich zu entrichtende Obulus schmerzt die Consultants um so mehr, als sich das eigene Geschäft seit Jahren besser als das der Wirtschaftsprüfer entwickelt - durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten von 20 Prozent stehen weniger als acht Prozent bei der Schwestergesellschaft gegenüber. Allein im Geschäftsjahr 1996/97 (Ende: 31. August 1997) kamen die rund 1100 Andersen-Consulting-Partner auf einen Umsatz von 6,1 Milliarden Dollar, die 1600 Arthur-Andersen-Partner konnten im selben Zeitraum lediglich 5,2 Milliarden Dollar zum Konzernumsatz beisteuern.

Darüber hinaus hätten, wie Andersen Consulting weiter ins Feld führt, die Wirtschaftsprüfer die 1989 von beiden Gesellschaften vertraglich vereinbarte Geschäftsgrundlage verletzt und ihr eigenes Beratungsgeschäft auf IT und Integration entsprechender Lösungen bei Großkunden ausgedehnt. Durch die Gewinnabführung subventioniere man damit einen direkten Wettbewerber. Mit dem Ansinnen, den sich abzeichnenden Boom im Markt für Technologie- und Management-Beratung durch eine eigenständige Gesellschaft zu bedienen, sei jedoch 1989 der Andersen-Konzern quasi zweigeteilt worden, heißt es.

Ob die Aufspaltung von Andersen Worldwide letztlich in die Tat umgesetzt wird, gilt indes als noch ungewiß. Auch wenn die Schlichter den Vertrag zwischen beiden Gesellschaften aufgrund der von AC angeprangerten Vertragsverletzung aufheben, könnte eine andere im Abkommen verankerte Ausstiegsklausel greifen. Demnach muß bei einer Trennung die ausscheidende Geschäftseinheit der anderen 150 Prozent ihres letzten Jahresumsatzes als Entschädigung zahlen.

Auch im weltweiten Consulting-Markt würde eine Trennung der beiden Andersen-Worldwide-Divisions einschneidende Konsequenzen nach sich ziehen. Großfusionen stehen dort bekanntlich hoch im Kurs - Price Waterhouse mit Coopers & Lybrand, Ernst & Young mit KPMG Peat & Marwick. Die künftige Price-Coopers-Allianz steigt mit einem Honorarvolumen von mehr als 13 Milliarden Dollar zum gewichtigen Player auf; neuer Marktführer dürfte dann KPMG/Ernst & Young mit rund 18 Milliarden Dollar Umsatz sein. In puncto Größe würden damit die beiden Andersen-Gesellschaften im Konzert der Großen nicht mehr die erste Geige spielen können, urteilen Kenner der Szene.