Joint Venture mit Microsoft soll an die Börse

Andersen Consulting schickt 15000 Berater ins Internet

24.03.2000
FRANKFURT/M. (gh) - Der Wettbewerb unter den führenden IT-Beratungshäusern wird härter. Auch Andersen Consulting zieht daraus die Konsequenzen. Neben dem angekündigten Joint Venture "Avanade" mit Microsoft will man massiv in das E-Business einsteigen. Ziel ist der Ausbau entsprechender Dienstleistungen sowie die umfangreiche Förderung von Internet-Startups.

Die gesamte Wirtschaftsprüfer- und Beraterbranche ist im Umbruch - zuletzt dokumentiert durch den Verkauf des Beratungsgeschäfts von Ernst & Young an Cap Gemini, die Gründung einer gemeinsamen Consulting-Tochter von KPMG und Cisco Systems oder die bereits angekündigte Aufteilung von Pricewaterhouse-Coopers in mehrere Gesellschaften. Dahinter steht die von der US-Börsenaufsicht zunehmend kritisierte "Dopplung" von Mandaten in Sachen Wirtschaftsprüfung und (IT-)Unternehmensberatung, vor allem aber der Zwang aller Consulting-Firmen, verstärkt auf das Thema E-Business zu setzen.

Das Bemühen der Geschäftsführung von Andersen Consulting Deutschland um deren Sprecher Thomas Köhler, eine eigene "Duftmarke" zu setzen, war deshalb naheliegend. Köhler verband seinen Aufritt vor Journalisten in Frankfurt am Main mit zwei Kernbotschaften: Das mit Microsoft zu gründende Joint Venture Avanade, das IT-Dienstleistungen auf Basis der Windows-2000-Plattform anbieten soll (siehe "Andersen baut Microsoft eine Service-Company", CW 11/2000, Seite 7), werde in absehbarer Zeit in den USA an die Börse gehen. Gleichzeitig wolle Andersen Consulting in den kommenden drei Jahren 1,2 Milliarden Dollar an Beratungsleistungen in junge Internet-Firmen investieren. Im Gegenzug werde man Beteiligungen an einigen dieser Startups erwerben. Damit gehe man, so Köhler, den Schritt "vom Unternehmensberater zum Unternehmensentwickler".

Ein "Dot.com Launch Center" in Frankfurt soll dabei alle entsprechenden Aktivitäten in Deutschland koordinieren. Weltweit werde es in absehbarer Zeit 17 vergleichbare Zentren von Andersen Consulting geben. Ziel dieser Initiative sei es, die Zeitspanne von der Gründung, dem Erwirtschaften erster Gewinne und einer erfolgreichen Börseneinführung drastisch zu verkürzen. Im Gegensatz zu klassischen Venture-Capital-Gesellschaften oder Inkubatoren werde man sich aber nur bei Firmen engagieren, die schon über ein Kern-Management-Team, einen Businessplan und finanzielle Unterstützung verfügen. Consulting- oder Technologie-Profis von Andersen könnten dann für die noch fehlende "Time-to-Market"-Fähigkeit des jeweiligen Produkts beziehungsweise Unternehmens sorgen, hieß es in Frankfurt.

Köhler gab ohne Umschweife zu, worum es seiner Company in diesem Zusammenhang tatsächlich geht: Über die direkte Verzahnung mit zahlreichen Dot.coms soll gewährleistet werden, dass man bei der pulsierenden Entwicklung des Internets wichtige Trends und Technologieschübe nicht verpasst.

Die zum Teil aufwendige, weil personalintensive, Beratung (weltweit sollen zeitweise rund 15000 Berater abgestellt werden) junger Startups hoffe man durch erfolgreiche Börsengänge dieser Firmen, an denen man als Gesellschafter kräftig mitverdient, zu kompensieren.

Prinzipiell wolle man sich "nicht vom Wettbewerb abheben, aber die Marke Andersen Consulting noch stärker im Markt etablieren", tat sich Köhler mit Blick auf die zunehmende Konkurrenzsituation schwer, den vielzitierten "Unique Selling Point" seines Unternehmens - auch und gerade im E-Business, herauszuarbeiten. Durch das Joint Venture Avanade sei es jedenfalls gelungen, sich "als IT-Beratungshaus umfassender aufzustellen". Die Zusammenarbeit mit Microsoft sei aber "nicht exklusiv" und deshalb auch nicht als Kampfansage gegen Partner wie SAP oder Sun zu werten. Ziel von Avanade sei es vor allem, fertige E-Business-Module zu entwickeln und damit nicht nur als Beratungshaus, sondern auch als Produktlieferant zu agieren.

Ob die Marke Andersen Consulting künftig noch wie in der Vergangenheit zieht, dürfte indes zweifelhaft sein. 1999 mussten sich die Berater jedenfalls von ihren in den letzten Jahren gewohnten Wachstumsraten im zweistelligen Bereich (20 Prozent und mehr) verabschieden. Der Umsatz kletterte gegenüber 1998 weltweit um vergleichsweise nur bescheidene acht Prozent auf 8,9 Milliarden Dollar. Ursache: ein signifikanter Einbruch im US-Markt sowie - branchenbezogen - im Gesundheitssektor. Deutlich besser liefen allerdings die Geschäfte in Deutschland, wo ein Umsatzzuwachs von 54,5 Prozent auf 1,24 Milliarden Mark verbucht werden konnte. Ein boomender und damit auch beratungsintensiver TK-Markt sowie ein "stabiles" SAP-Geschäft quer durch alle Branchen waren Köhler zufolge dafür auschlaggebend. In den kommenden Jahren wolle man, so der deutsche Andersen-Frontmann, trotzdem weltweit wieder kräftiger als der Markt wachsen - also um rund 15 Prozent oder mehr.

Abb.: Bilanz 1999: Den größten Zuwachs erzielte Andersen Consulting in Deutschland im TK-Bereich. Quelle: Andersen Consulting