Andersen Consulting registriert grosses F&E-Engagement Gebeutelte Pharmakonzerne investieren jetzt verstaerkt in IT

14.01.1994

FRANKFURT/M. (CW) - Verschaerfte Wettbewerbsbedingungen in der Pharmaindustrie fuehren dazu, dass die Branche mehr denn je in Informationstechnologie investiert. Liegen die IT-Aufwendungen gegenwaertig noch bei 2,5 Prozent des Umsatzes, so soll die Quote einer Umfrage zufolge in den naechsten Jahren auf knapp 6,5 Prozent steigen.

Die Bedingungen der bisher erfolgsverwoehnten Pharmabranche haben sich drastisch verschlechtert. Gesetzgeber, Krankenkassen und der aufkommende Generika-Markt druecken die Abgabepreise, obwohl die Kosten weiter steigen. In Europa liegt der Zeitraum von der Anmeldung eines Patents bis zur Vermarktung des fertigen Medikaments heute bei durchschnittlich zwoelf Jahren. Da ein Patent nur 20 Jahre gilt, bleiben den Anbietern noch rund acht Jahre fuer die Vermarktung des neuen Produktes. Nach Ablauf dieser Frist stuermen Hersteller von Plagiatprodukten, sogenannten Generika, den Markt. Ein Preisverfall auf bis zu 20 Prozent des Originalpreises ist die Folge.

Vor dem Hintergrund dieser Marktsituation haben sich Berater der Andersen Consulting GmbH, Sulzbach, bei Fuehrungskraeften und Experten der Pharmabranche nach deren IT-Plaenen erkundigt. Der schnellen, sicheren und wirtschaftlichen Entwicklung neuer Produkte, so zeigte sich, wird derzeit absoluter Vorrang eingeraeumt. Folgerichtig geniesst der IT-Einsatz in Forschung und Entwicklung klare Prioritaet. An zweiter Stelle steht die DV- gestuetzte Produktionslogistik, und auf Rang drei folgen gemeinsam die Bereiche Distributionslogistik und Marketing.

Der IT-Einsatz in Forschung und Entwicklung konzentriert sich in der Pharmaindustrie vor allem auf Expertensysteme, Systeme zur elektronischen Dokumentenverwaltung und auf Netzwerktechnologien. Gerade Netztechnologien, teilweise aber auch der elektronische Datenaustausch via EDI, gewinnen ebenfalls in den Bereichen Produktions- und Distributionslogistik an Bedeutung.

Die Berater fuehren dies nicht allein auf die neuen gesamteuropaeischen Markterfordernisse zurueck. Pharmakonzerne streben laut Andersen Consulting danach, ihre Logistikketten staerker am Kunden auszurichten und ihre Produktionsstaetten systematisch zu verknuepfen. Dazu muessten auch Fertigungsstandorte konsolidiert und Werke auf bestimmte Produktgruppen spezialisiert werden.

Ein traditionell hoher Stellenwert wird der Informationstechnologie im Marketing eingeraeumt, einem Bereich, der fuer alle Hersteller gleichermassen hohe Kosten bedeutet. Hier halten die Befragten Spracherkennung und Netztechnologien fuer am wichtigsten, gefolgt von Schrifterkennung, Expertensystemen und elektronischer Dokumentenverwaltung. Fuer den Vertrieb ist ausserdem die DV-technische Unterstuetzung des Aussendienstes ausschlaggebend.

Um den Pharmaherstellern aus der Krise zu helfen, reicht nach Ansicht der Berater der geschickte IT-Einsatz allein nicht aus. Vielmehr gehe es darum, im Sinne einer Business-Integration die Ablaeufe, Technologien und Mitarbeiter auf eine gemeinsame strategische Vision auszurichten. Rund 35 Prozent der Zeit und zirka 25 bis 30 Prozent der Kosten wuerden fuer nicht wertschoepfende Bereiche aufgewendet und koennten eingespart werden, behaupten die Consultants.

Zu den dringend gebotenen Massnahmen zaehlten die klare Vergabe von Entscheidungskompetenzen in den Ablaeufen und die Verbesserung der Infrastruktur durch den Gebrauch von weltweit eingesetzten Standards. Als Beispiel wird die international einheitliche Nutzung eines Datenbanksystems genannt. Sind diese Massnahmen erfolgt, so muessten Automation und Integration verbessert werden.

Hierzu sei unter anderem ein kompetentes Technologie-Management sowie - auf IT-Ebene - der Uebergang von grossrechnerbasierten Individualanwendungen auf Standardsoftware in Client-Server- Architekturen noetig. Auch mit Outsourcing koennte eine Reihe der hier zu erwartenden Probleme geloest werden.